Karl Nolle, MdL
Lausitzer Rundschau, 13.09.2003
CDU nimmt ungeliebten Sozi Karl Nolle aufs Korn
Landtagsopposition kritisiert Angriffe auf das freie Mandat
Wir sind auch nur Menschen, sagt Fritz Hähle, Chef der CDU-Fraktion im Landtag, und nun sei ihm wie jüngst Rudi Völler der Kragen geplatzt. Nur, dass er einen solchen Gefühlsausbruch laut Geschäftsordnung Tage vorher beantragen müsse. Und so stand für das Seelenheil des führenden Christdemokraten gestern SPD-Revolverheld Karl Nolle auf der Tagesordnung des Parlaments, bemäntelt unter dem Titel „Negative Auswirkungen der Kampagnen eines SPD-Landtagsabgeordneten auf Firmenansiedlungen im Kreis Stollberg.“
Es war das erste Mal, dass sich das Hohe Haus einzig mit dem Gebaren eines ihrer 120 Abgeordneten befasste. Nolle, ein Mann, der Kurt Biedenkopfs Königsgehabe an den Pranger stellte und den Sturz von Ex-Ministerin Christine Weber wegen umstrittener Fluthilfen mit verursachte, ist damit selbst zum Fall für den Landtag geworden. Nolle stelle infame Behauptungen auf, verunsichere Investoren, gefährde Arbeitsplätze und das nur dem medialen Klamauk zulieb, warf ihm die CDU-Abgeordnete Uta Windisch vor. Weitere Investoren seien verunsichert. Nolle behauptet, dass Grundstück für das neue VW-Mechatronik-Werk in Stollberg hätte wegen offener Eigentumsfragen nicht verkauft werden dürfen. Dass er mit seinen „Enthüllungen“ und Strafanzeigen manchen Flop gelandet habe, bestreitet der 58-jährige Druckereibesitzer unbeeindruckt. Gegen den schwarzen Filz in Sachsen herrschten in Bayern noch liberale Verhältnisse.
Doch die SPD-Fraktion, in der es auch nicht viele Nolle-Fans gibt, ließ sich auf das intern umstrittene Spiel der CDU nicht ein. Als Parlamentarische Geschäftsführerin verlas Gisela Schwarz nur die knappe Erklärung, die Debatte stelle einen Angriff auf die verbrieften Rechte der frei gewählten Abgeordneten dar. Es sei ihre Pflicht, sich zu kümmern. So sah es auch PDS-Rechtspolitiker Klaus Bartl, gerichtet an „Rudi“ Hähle: Das Parlament habe die Regierung zu kontrollieren, nicht die Abgeordneten.
Natürlich hätten die Mandatsträger ihre Freiheit, befand auch Fritz Hähle. Doch bei Nolle schließe das wohl die Narrenfreiheit mit ein. Wenn er den Streit um seine Person als Ritterschlag empfinde, erinnere das an jenen Ritter, der gegen Windmühlen kämpfte. Und ehe man so schlechte Verhältnisse habe wie unter SPD-Regierungen anderer Länder, dann, so gab Hähle zum Besten, „doch lieber schwarzen Filz“.
Doch letztlich konnte es Nolle, der zu dem Schlagabtausch noch geschwiegen hatte, nicht lassen, sich zu äußern. In der nächsten Debatte schimpfte er, das „Landrecht nach Gutsherrenart oder nach Art der roten Barone und ihrer willigen Blockflöten sei fehl am Platze, auch wenn diese vordemokratische Mentalität immer noch fröhliche Urstände“ in Sachsen feiere. Die FDP, die eigentlich gern in den Landtag zurückkehren möchte, markierte indes einen „Tiefpunkt in der politischen Kultur Sachsens“. Es sei äußerst peinlich, so Landes-Vize Torsten Herbst, „wenn sich eine Regierungsfraktion auf das Niveau eines Karl Nolle herunter begibt“.
(von sven heitkamp)