Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16:04 Uhr, 23.09.2003

Rückendeckung für Rittinghaus - Ex-Vorstandsmitglied von Sachsenring sagt aus

:Aufsichtsrat wusste über Millionen-Deal Bescheid
 
Dresden (ddp-lsc). In der so genannten Sachsenring-Affäre erhält der einstige Firmenchef Ulf Rittinghaus neue Rückendeckung. Das einst für Forschung und Entwicklung zuständige Vorstandsmitglied des inzwischen insolventen Unternehmens, Jürgen Rabe, schloss während seiner knapp fünfstündigen Zeugenvernehmung am Dienstag vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Dresden aus, dass Rittinghaus die vor allem gegen den früheren Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) gerichteten Anschuldigungen nachträglich erfunden hat.

Rittinghaus hatte Schommer erstmals im November 2002 bezichtigt, Sachsenring als Gegenleistung für eine Drei-Millionen-Mark-Spende einen um vier Millionen Mark erhöhten staatlichen Zuschuss versprochen zu haben. Hauptsächlich mit den Mitteln von Sachsenring war kurz vor der Landtagswahl 1999 die Imagekampagne «Sachsen für Sachsen» finanziert worden.

Nach Rabes Angaben waren Aufsichtsrat und Vorstand der Sachsenring Automobiltechnik AG (SAG) im Jahr 1998 in allen Details über das angebliche Millionengeschäft mit der Staatsregierung informiert worden. Er widersprach damit vorherigen Aussagen von mehreren früheren Aufsichtsratsmitgliedern. Die Aussage des 62-Jährigen war mit Spannung erwartet worden, da er - anders als andere Beteiligte - bislang noch keine eidesstattliche Versicherung zugunsten von Schommer oder Rittinghaus abgegeben hatte. Ein entsprechendes Ansinnen von Ulf Rittighaus im Herbst 2002 hatte Rabe, dem bei der Zeugenvernehmung indes auch dessen Anwalt Reiner Fuellmich beratend zur Seite stand, abschlägig beschieden.

Rabe zufolge hat die SAG nur deshalb die Kampagne «Sachsen für Sachsen» finanziert, um den für die SAG wichtigen Erwerb der Dresdner Chipfabrik ZMD «nicht zu erschweren oder gar zu verhindern». Die SAG-Verantwortlichen hätten die Befürchtung gehabt, dass der aus sachlichen und technischen Gründen anvisierte Kauf von ZMD nicht stattfinden würde, «wenn wir uns diesem Wunsch der Staatsregierung verschließen». Von diesem Wunsch habe er wie alle anderen von Firmenchef Ulf Rittinghaus erfahren.

Bei «Sachsen für Sachsen» habe es sich unstrittig um eine Kampagne für die CDU-geführte Landesregierung gehandelt, betonte Rabe. Allerdings gab er auch zu, mit den Details der Kampagne nicht weiter beschäftigt gewesen zu sein. Sie gehörten zu den «Kriegsschauplätzen, für die ich mich nie interessiert habe».

Rabe, der 1994 bei Sachsenring angefangen hatte und die Brüder Ulf und Ernst Wilhelm Rittinghaus seit etwa zwei Jahrzehnten kennt, machte vor dem Ausschuss deutlich, dass die Insolvenz des Unternehmens nach seinem Eindruck bewusst und vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Zwar sei die Liquiditätslage der SAG angespannt gewesen, aber nicht katastrophal. Der Weg wäre erfolgreich gewesen, wenn nicht strategisch «von dritter Seite» die Insolvenz gewollt worden wäre. Der Staatsregierung warf Rabe vor, beim Verkauf von ZMD nicht mit offenen Karten gespielt zu haben. Dass das Dresdner Chipzentrum bei Übernahme durch die SAG wegen des hohen Rückzahlungsrisikos aufgrund von Fördermitteln im Grunde dreifach überschuldet gewesen sei, sei den Sachsenring-Verantwortlichen nie mitgeteilt worden.