Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz Flöha, 28.08.2003
SPD-Politiker beklagen Abwanderung
Teilnehmer an Podiumsdiskussion in Oederan vermissen konkrete Gegenvorschläge der Partei
Oederan. Die „Bevölkerungsentwicklung und Abwanderung in Sachsen“ war am Montagabend Thema eines Podiumsgesprächs von rund 30 SPD-Mitgliedern, Gewerkschaftsvertretern, Unternehmern und Kommunalpolitikern mit der sächsischen SPD-Prominenz in Oederan. Landtags-Fraktionschef Thomas Jurk, der wirtschaftspolitische Sprecher Karl Nolle und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Simone Raatz wollten die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur durch Geburtenentwicklung und Abwanderung verdeutlichen und daraus resultierende Chancen für Unternehmen aufzeigen. „Bisher wurde die Problematik von Landespolitikern in Sachsen ungenügend thematisiert und als gravierender Standortnachteil unterschätzt", stellte Jurk einleitend fest.
Die von Referent Thomas Kralinski vorgetragenen Statistiken versetzten die Runde durchaus in Staunen und ließen die Tragweite des Bevölkerungsrückganges sichtbar werden. „Seit 1990 sind 564.000 Sachsen abgewandert, das sind rund neun Prozent der Bevölkerung", stellte er fest. Für den Landkreis Freiberg konstatierte der Mitarbeiter von Nolle, dass man nur um sechs Prozent besser als der Landesdurchschnitt liege, die Einwohnerzahl sei von 161.000 auf 150.000 geschrumpft. „Wir rechnen mit einem weiteren Rückgang um landesweit etwa 600.000 Menschen", so Kralinski. Als Prognose für den Landkreis nannte er 129.000 Einwohner im Jahr 2020.
"Mit rund 23.000 Geburten haben wir Mitte der 90er Jahre die zweitniedrigste Rate, nur gefolgt vom Vatikan, hingelegt", so Kralinski. Gab es in den 80er Jahren auf 20 Frauen und Männer noch 18 Kinder, seien es jetzt acht Babys. „Rund 1,1 Millionen Wegzügen seit 1990 stehen 867.000 Zuzüge, davon ein Drittel Ausländer, gegenüber. Mehr als die Hälfte der Abwanderer war zwischen 18 und 35 Jahre alt, darunter ein hoher Anteil gebärfähiger Frauen." Analysen hätten ergeben, dass nicht die Arbeitslosigkeit Hauptgrund für den Wegzug sei. „49 Prozent der Abwanderer waren berufstätig, darunter ein beachtlicher Anteil Akademiker und Facharbeiter, nur 16 Prozent waren arbeitslos. Ein vorhandener Arbeitsplatz im Westen mit dem besseren Verdienst ließen sie Sachsen verlassen."
Gerade im Hinblick auf Verdienst- und Zukunftsperspektiven müssten neue Konzepte her, stellten die Redner dann fest und verwiesen auf ein Neun-Punkte-Programm ihrer Partei. Die Ausführungen zu mangelndem Optimismus, fehlenden Investitionen in die Bildung, dem Schaffen von Ausbildungsplätzen, Ringen um höhere Löhne und der Gefahr, als Niedriglohnland unattraktiv zu bleiben, stuften anwesende örtliche Unternehmer als bekannte Informationen ein. Sie hätten handfeste Vorschläge erwartet, so ihr abschließender Tenor.
(HY)