Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 05.11.2003
Sachsen-SPD zum Krisengipfel in Berlin
DRESDEN. Der Tag danach bei Sachsens SPD: Die Absage von Hoffnungsträger Wolfgang Tiefensee traf viele in der Partei wie ein Schlag. Von einer Krise will zwar offiziell keiner reden. Doch den meisten Sozialdemokraten ist klar wer jetzt antritt, kann nur noch verlieren.
Das lange Hoffen auf Tiefensee hat die Partei leichtsinnig gemacht. Jetzt hat sie keinen "Plan B". In den Schock über die Absage mischt sich Frust und Ärger. "Der Wahlkampf wird nun schwieriger" sagt der Abgeordnete Hanjo Lucassen. Wie viele SPDler will auch er zügig die Spitzenkandidatur regeln. "Wir brauchen eine schnelle Entscheidung." Grund: Jeder andere als Tiefensee muss den Sachsen erst mal vorgestellt werden.
In Berlin gab's gestern deshalb einen Krisengipfel der Sachsen SPD mit Generalsekretär Olaf Scholz. "Es war ein offenes Gespräch, aber ohne Ergebnis", sagte SPD-Sprecherin Mirjam Richter. Am Freitag will Landes-Chefin Constanze Krehl auf einer außerordentlichen Vorstandssitzung in Leipzig erklären, wie es weitergehen soll.
Ob Krehl oder Fraktion-Boss Thomas Jurk - keiner hat sich bisher nach der Spitzenkandidatur gestreckt. "Wir sollten mehr in den eigenen Reihen schauen" sagt Lucassen. "Wir haben noch mehr Leute", ergänzt Fraktions-Kollege Cornelius Weiss. Aber auch ihnen ist wohl klar, was einige hinter vorgehaltener Hand formulieren: Die SPD kann so nicht gewinnen. Das liegt nicht an Tiefensees Nein allein, sondern auch an der Berliner Politik, sagt ein Abgeordneter. Einige Parteimitglieder haben deshalb schon eine resignierte Alternative parat: Der Ex-Ostbeauftragte und heutige Staatsminister im Bundeskanzleramt, Rolf Schwanitz (Plauen) soll antreten. "Damit er hier den Arsch versohlt kriegt für die Bundespolitik."
(Stefan Locke)