Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 21.11.2003
Akt der Verzweiflung
Kommentar zur Lage der SPD in Sachsen und Thüringen
Um die SPD in den neuen Ländern steht es nicht gut derzeit. Der Süden des Ostens ist klar CDU-dominiert, Thüringen und Sachsen komplett. Und auch mit Blick auf die Zukunft sieht es für die Sozialdemokraten kaum besser aus: Überall bröckeln die Umfragewerte, sinken die Mitgliederzahlen. Den Rest besorgt der Gegenwind aus Berlin - und das ein Jahr vor den Landtagswahlen in Dresden, Erfurt und Potsdam.
Folge ist, was am liebsten keiner ausspricht in der Ost-SPD: Die Sozialdemokraten müssen sich auf eine lange Dürreperiode einstellen. Bereits heute scheint weitgehend festzustehen, dass die Wahlgänge 2004 verloren sind - in Sachsen höchstwahrscheinlich, in Thüringen wohl auch. Während damit das Klassenziel für die SPD in weite Ferne rückt, kommt die CDU ihrem Vorbild CSU immer näher: bayerische Verhältnisse im Osten der Republik.
Das prägt das Personaldilemma der sächsischen Genossen. So sinnvoll eine Urwahl für die Kür eines Spitzenkandidaten auch sein mag, sie ist weniger Ausdruck für innerparteiliche Demokratie als ein Akt der Verzweiflung. Denn nach der Absage von Leipzigs OBM Tiefensee, dem SPD-Heilsbringer wider Willen, gilt jede Alternative als zweite Wahl. Und ob nun Krehl oder Jurk - die CDU-Vorherrschaft dürfte keiner brechen. Dahinter aber verbirgt sich das entscheidende Manko der Ost-SPD insgesamt: der eklatante Mangel an Führungspersonen.
Die Thüringer SPD ist hier nur auf den ersten Blick besser aufgestellt. Zwar haben sich die Sozialdemokraten seit langem auf Matschie als Herausforderer von CDU-Regierungschef Althaus eingeschworen, doch das Bild ist kaum weniger düster. Während Althaus kräftig punkten kann, ist der SPD-Mann nur selten präsent. Was bleibt, ist eine einfache Wahrheit: Für die Sozialdemokratie Ost geht es derzeit kaum mehr um die Macht, sondern ums bloße Überleben.
(von Jürgen Kochinke)