Karl Nolle, MdL
Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 07.01.2004
Sächsischer SPD droht Schlammschlacht
Dresden. Der SPD-interne Machtkampf um die künftige Führung der Partei droht endgültig zur Schlammschlacht zu werden. Wenige Tage vor der ersten Regionalkonferenz zur Vorbereitung der Urwahl kursierten in SPD-Kreisen gestern gefälschte Meldungen mit Äußerungen von SPD-Fraktionschef Thomas Jurk. Darin wird Jurk, der neben Parteichefin Constanze Krehl einer der beiden Bewerber für die Spitzenkandidatur der Sachsen-SPD ist, mit den Worten zitiert: "Ich will die Option einer Koalition mit der PDS in Sachsen". Faktisch hatte Jurk aber gesagt, er wolle eine solche Möglichkeit "nicht kategorisch ausschließen".
Prekär wird die Fälschung aus einem doppelten Grund: Zum einen ist ein Zusammengehen mit den Linkssozialisten in SPD-Kreisen heftig umstritten, und vor allem Krehl hat sich stets gegen ein solches Bündnis ausgesprochen. Zum anderen stammt die frisierte Meldung offensichtlich von Ronald Lässig, dem Nachrichtensprecher von MDR aktuell. Der will seit Neuestem auf SPD-Ticket in die Politik einziehen und hat für Krehl einen Teil der Öffentlichkeitsarbeit übernommen. Lässig war gestern zum Thema nicht zu erreichen.
Geändert aber wurde nicht nur der Text der Meldung der Nachrichtenagentur ddp, sondern auch die Überschrift - mit demselben Duktus. Darüber hinaus finden sich weitere frisierte Passagen. So wird Krehl in der geänderten Fassung unterstellt, sie strebe "ein geschärftes, eigenständiges Profil ihrer Partei an". Im Original fehlt der Abschnitt komplett. In der SPD stieß das auf harte Kritik. Die Fälschung sei "ein einmaliger Skandal", sagte SPD-Abgeordneter Karl Nolle, Jurk solle parteiintern geschadet werden.
Das Scharmützel passt in die hektische Gemengelage vor der SPD-Urwahl. So wurde gestern bekannt, dass sich sowohl Landesvorstand wie Parteirat morgen außerplanmäßig mit der umstrittenen Mitgliederbefragung befassen. Dazu wurde der Parteirat eigens von Sonnabend auf Donnerstag vorverlegt, die Vorstandsmitglieder erfuhren per Telefon von der Sitzung. Der spektakulären Einladung ging ein von Ex-SPD-Chef Karl-Heinz-Kunckel moderiertes Vier-Augen-Gespräch zwischen Krehl und Jurk am Montagabend voraus.
(Jürgen Kochinke)