Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 08.01.2004
Splitterpartei: Sachsens Sozialdemokraten wollen Personalquerelen beenden
Kommentar von Hubert Kemper
Doppelpack statt Solo-Nummer? Sachsens SPD scheint im letzten Moment die Reißleine ziehen zu wollen. Einen Tag vor der ersten von acht geplanten Regionalkonferenzen könnte die in der Kandidatenfrage zerrissene Partei heute auf Konsenskurs einschwenken. Es wäre keine weiche Landung. Denn auch eine Tandemlösung erfordert einen Schrittmacher und einen Partner, der im Windschatten fährt.
So wird Constanze Krehl, sollte sie von ihrem Postulat abweichen, die Nummer i sein zu wollen, Blessuren davontragen. Doch die Schmerzen könnte sie mit Hinweis auf den Schaden, den sie ihrer Partei ersparte, ertragen. Mitleid für die Vorsitzende dürfte sich bei den Mitgliedern in Grenzen halten. Ohne Not hatte sie beim Parteitag in Bochum die Urwahl verkündet. Ohne Gespür für Basis-Stimmungen strebte sie zur Ubernahme auch des Fraktionsvorsitzes. Und ohne professionelle Beratung spielte sie in einem kitschigen Werbefilm die Hauptrolle. Das Video, als Weihnachtspräsent getarnt, entfaltete in einem explosiven Klima Sprengkraft. Wer Krehl nicht wiedererkannte, entdeckte ihr Machtstreben und das ihres Geleitzuges.
Viel Zeit hat die SPD in der Beschäftigung mit sich selbst verloren. Die Offentlichkeit nahm davon kaum Notiz. Vielleicht gut so, damit Illusionen, Parteiarbeit ergehe sich nicht im wesentlichen in Personalgeschacher, erhalten geblieben sind. Sachsens Sozialdemokraten haben in der Selbstbespiegelung verdrängt, dass sie Gefahr laufen, zur Splittergruppe marginalisiert zu werden. Karl-Heinz Kunckel,1999 mit 10,7 Prozent Stimmenanteil Opfer des miesen SPD-Bundestrends, ist das Bremsmanöver zu verdanken. Er brachte Krehl und Jurk an einen Tisch und offensichtlich zur Besinnung. Bedeuten kann das nur Teamwork statt Schlammschlachten. Den Wahlchancen wird das nicht sonderlich dienen, doch immerhin der leid geprüften Kultur.