Karl Nolle, MdL

Sächsischer Bote, 29.11.2000

Von befragt bis ungefragt

Meinungsumfragen haben Wert
 
DRESDEN. Meinungsumfragen, wie auch immer sie gestrickt sind, haben einen recht hohen Unterhaltungswert. Da machen wir mit, so dachte man sich wohl bei der PDS, und beauftragte mit Social Data ein Berliner Unternehmen, in Sachen Dresdner Oberbürgermeister-Wahl 2001 tätig zu werden. Ein Ergebnis: Nur rund 26 Prozent der Befragten wollen „auf jeden Fall“ oder „wenn möglich“ den amtierenden OB weiter im Rathaus sehen, fast 60 Prozent genau das nicht. So kontrovers die Standpunkte auch sind, haben sie doch etwas gemeinsam: Beide beziehen klar und eindeutig ein Position.
Von einer solchen Positionierung ist man in den Reihen der Wagner-Opposition weiter entfernt denn je. Als reiche es nicht, dass sich der Unternehmer Karl Nolle als Frühstarter für die SPD keine Freunde bei der PDS und den Grünen gemacht hat, bekommt er mit Reinhard Martin, dem Chef der Aufbau-Gesellschaft Prager Straße, nun sogar einen Kontrahenten aus den eigenen Reihen! Und das alles wird öffentlich zelebriert. Hätte man nicht vorher mal die Dresdner SPD-Mitglieder (be)fragen können? Nicht weil das jetzt Mode ist, sondern weil diese schließlich das letzte Wort bei der Kandidatenkür haben werden.
Ungefragt meldete sich kürzlich mit Rainer Ortleb ein Stück liberales Dresdner Urgestein zu Wort und warf dieses für Wolfgang Berghofer als möglichen Herausforderer von Herbert Wagner in die Waagschale. Der frühere SED-Oberbürgermeister von Dresden hat nicht wenige Prozentpunkte bei einschlägigen Erhebungen gesammelt. In den offiziellen Verlautbarungen der FDP legte man daraufhin die Worte nicht auf die Goldwaage: Man war „entsetzt“ über Ortlebs „merkwürdiges Verhalten“, der seine Privatmeinung geäußert habe. Genau das wird man aber wohl noch äußern dürfen, meint (ungefragt) der SÄCHSISCHE BOTE.