Karl Nolle, MdL
Lausitzer Rundschau, 10.01.2004
SPD kommt im Wahlkampf immer zu zweit
Neue Team-Strategie stößt bei Parteien auf unterschiedliches Echo
Im anstehenden Wahlkampf werden Fernsehzuschauer die SPD womöglich doppelt sehen: „Wir kommen immer zu zweit“, witzelte jedenfalls Fraktionschef Thomas Jurk kurz nach der Entscheidung der Parteispitze am Donnerstagabend, die geplante Urwahl abzublasen (die RUNDSCHAU berichtete). Nun wollen die Sozialdemokraten mit Jurk auf dem ersten, der Parteivorsitzenden Constanze Krehl auf dem zweiten Listenplatz und ohne Koalitionsaussage ins Rennen um die Wählerstimmen gehen.
Bei den anderen Parteien erntet die SPD damit ein unterschiedliches Echo. PDS-Spitzenkandidat Peter Porsch sagte, er sei froh, dass die SPD zur Politik zurückgefunden habe. Die Teamlösung sei ein erster Schritt für die SPD, politisches Potenzial wiederzugewinnen, das zur Ablösung der CDU-Alleinregierung notwendig sei. Porsch fügte hinzu, es werde wohl auch bei der PDS der Fraktionschef auf Listenplatz 1 und die Parteichefin – Cornelia Ernst – auf Platz 2 stehen.
Nach Auffassung von CDU-Generalsekretär Hermann Winkler ist die SPD nach wie vor zerstritten. Dass die Partei offen lasse, ob sie eine Koalition mit der CDU oder mit der PDS eingehen würde, zeige, „dass sie ihren Platz noch nicht gefunden hat“.
Auch der Hallenser Politologe Everhard Holtmann hielte es aus Sicht der SPD für günstiger, eine Koalition mit der CDU anzustreben. Als „sozialdemokratisches Korrektiv“ einer CDU-Regierung bestünde die Chance, Wähler ohne feste Parteibindung aus dem CDU-Lager abzuholen. Für nachvollziehbar hält er indes den Verzicht auf die Urwahl. Eine solche hätte bei vielen Wählern den Makel hinterlassen, dass die Partei nicht fest hinter einem Kandidaten steht – „erst recht, wenn die Parteibasis ihre Sympathien womöglich annähernd gleich verteilt“ hätte.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle hofft nach eigenen Angaben darauf, dass die Partei „nun die Ruhe hat, sich den notwendigen Klärungsprozessen zu unterziehen – personell und inhaltlich“. Damit bezieht er sich offenbar auch auf die anstehende Besetzung der SPD-Landesliste, zu der Jurk und Krehl einen gemeinsamen Vorschlag unterbreiten wollen. Eine Landesdelegiertenkonferenz im Juni soll die Liste dann beschließen. Er setze darauf, „so viel Fachkompetenz und Kampfbereitschaft gezeigt zu haben, dass ich einen guten Platz auf der Liste bekomme“, fügte Nolle hinzu.
Ein anderer Landtagsabgeordneter, Hanjo Lucassen, gilt als Vater der Idee, Jurk und Krehl als Team zur Landtagswahl ins Rennen zu schicken. „Wer von beiden auf Platz 1 und wer auf Platz 2 steht, spielt für mich keine Rolle“, sagte der Sozialdemokrat. Der Parteinachwuchs sieht das offenbar anders. Juso-Chef Martin Dulig verkündete, Jurk sei nun „die Nummer 1 der sächsischen SPD“. Der Fraktionschef habe jetzt die Aufgabe, die Partei neu zu organisieren und fit für die Wahlkämpfe zu machen.
FDP-Landeschef Holger Zastrow bezeichnete die Entscheidung der SPD-Parteispitze dagegen als „Phyrrus-Sieg“ für Jurk. Die Fraktion der Krehl-Befürworter werde sich nie und nimmer unterordnen. Zudem sei fraglich, für welches Parlament Krehl tatsächlich antritt – die SPD-Chefin ist immerhin bereits sächsische Spitzenkandidatin zur Europawahl im Juni.
(Von Tino Moritz)