Karl Nolle, MdL

Leipziger Volkszeitung, 23.10.2003

Sachsen blutet aus und wird zum Altenheim

 
Leipzig. "Sachsen hat die älteste Bevölkerung aller Bundesländer", beklagte Karl Nolle, Wirtschaftsexperte der SPD-Landtagfraktion, auf einem Forum zur Abwanderung am Dienstagabend in Leipzig. Fraktionsmitarbeiter Thomas Kralinski lieferte dazu gleich die konkreten Zahlen. "Betrug das Durchschnittsalter der Sachsen zur Wende 39 Jahre, so liegt es jetzt bei 43." Und der Trend hält an. Während sich die Zahl der 15-Jährigen in den kommenden Jahren halbiert, verdoppelt sich die Anzahl der 60-Jährigen im Freistaat.

Sachsen wird immer mehr zum Altenheim, blutet aus und ist vor allem für junge Frauen wenig attraktiv. Das war die Kernbotschaft des Abends. Seit der Wende hat das Land 600.000 Einwohner verloren, schrumpfte die Bevölkerung von 4,9 auf 4,3 Millionen. Die Prognose für 2020 lautet: 3,7 Millionen.

Unter den Fortgezogenen sind die jungen Leute in der Mehrheit, überdurchschnittlich viele von ihnen haben Abitur und Hochschulstudium. Vor allem junge Frauen kehren mangels beruflicher Perspektive dem Freistaat den Rücken. "Das ist besonders dramatisch und lässt nichts Gutes erwarten für die Bevölkerungsentwicklung", seufzte Kralinski und verwies auf eine Befragung des Statistischen Landesamtes unter Abwanderern. Ein Jahr nach dem Wegzug waren stattliche 38 Prozent schon nicht mehr bereit, zurückzukehren, darunter vor allem Frauen.

Nur einer konnte an diesem Abend Gutes verkünden. "Leipzig hat die höchsten Zuzugszahlen seit der Wende", freute sich Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee (SPD). Die neuen Messestädter kommen hauptsächlich aus den jungen Bundesländern und dem Ausland. Für Bürger aus den alten Ländern ist Leipzig noch kein magischer Anziehungspunkt.

"Leipzig muss noch attraktiver werden für Unternehmer, für Studenten und Familien", umriss Tiefensee seine Aufgabe. Auf die Frage aus dem Publikum, wie denn das zu schaffen sei bei 18 Prozent Arbeitslosigkeit, räumte er ein: "Das ist ein schwieriger Kampf. " Es gehe darum, bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue Unternehmen zu unterstützen, große wie kleine.
(von Anita Kecke)






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