Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 24.01.2004

CDU-Politiker fordert: Innenministerium ausmisten

Innenausschussvorsitzender nimmt Minister Rasch in Schutz – Dauerkranker Polizeichef provoziert Frage: Filz unter Pilz? – Flutprämie verteidigt
 
Dresden. Gleiches Recht für alle? Dresdens Polizeichef Siegfried Wolf (59) ist seit April 2002 krank geschrieben. Als Leitender Polizeidirektor (A16) kassiert er rund 6500 Euro im Monat – für Nichtstun. Seinen Job versieht ein zweiter Polizeidirektor: Bernd Ledermüller (53). Ungewöhnlich aus Sicht von Insidern: Wegen dauerhafter Dienstunfähigkeit hätte der herzkranke Wolf längst in den Ruhestand versetzt worden sein müssen. Doch das würde finanzielle Verluste hervorrufen.

Eberhard Pilz, vom Dresdner Polizeipräsident zum Landespolizeipräsident aufgerückt, hatte ein Herz mit seinem Kollegen, als er Wolf im August 2002 Urlaub genehmigte. Der kranke Polizeichef reiste während der Flutkatastrophe drei Wochen nach Kroatien. Konditionsstärke zeigte Wolf, als er sich im Januar 2003 zur Geburtstagsfeier von Pilz fahren ließ. Der krank geschriebene Polizist feierte kräftig mit.

Warum Wolf nicht dienstunfähig geschrieben wird und stattdessen sein volles Gehalt erhält, kann Thomas Uslaub, Sprecher des Innenministeriums, nicht beantworten. Das sei Sache des Polizeiärztlichen Dienstes.

Dagegen weiß das Ministerium die Zahlung von 81.797 Euro Leistungsprämien zu begründen, die 2002 an 148 Beamte, davon 147 des Innenministeriums, gezahlt worden sind. Es handele sich um eine Anerkennung für ungewöhnliche Leistungen, sagte Uslaub, die damals für den Einsatz bei der Flut gezahlt worden sind. Die Beamten erhielten 600 bis 800 Euro. „Rasch führt einen Selbstbedienungsladen“, wetterte SPD-Nolle. „Ich bin erstaunt, wo der Minister das Geld hernimmt“, verwies Matthias Kubitz (Gewerkschaft der Polizei) auf das Streichkonzert bei Zulagen, das allerdings erst 2003 einsetzte.

Innenminister Rasch sieht sich nach einer Woche mit etlichen Skandal-Meldungen erneut Rücktrittsforderungen ausgesetzt. In Schutz nimmt ihn Rolf Seidel (CDU), Vorsitzender des Landtagsinnenausschusses. „Staatssekretär Michael Antoni müsste Rasch den Rücken freihalten“, sagte Seidel. „Nicht alle Pannen kann man der Galionsfigur anlasten“, Rasch forderte er auf, seinen „Staatssekretär ins Gebet zu nehmen und das Haus auszumisten“. Das Innenministerium bezeichnete er als „Moloch“.

Um Flankenschutz für Rasch bemühte sich Regierungssprecher Christian Striefler. Die Kritik sei vielfach ungerecht. Die Vorgänge im Innenministerium haben indessen in der Staatskanzlei erneut Verstimmung hervorgerufen.
(Von Hubert Kemper)