Karl Nolle, MdL
Leipziger Volkszeitung LVZ/DNN, 14.02.2004
Feine Unterschiede im Anti-Filz-Kampf der Sachsen-CDU
Dresden/Leipzig. Den Anfang machte Joachim Fischer in Leipzig. Peter Kaminski (CDU), meinte der SPD-Fraktionschef im Stadtrat vor rund einer Woche, dürfe nicht vorverurteilt werden. Eine sofortige Suspendierung des Stadtkämmerers, der wegen Parteispenden und fragwürdiger Provisionen in der Kritik steht, komme für ihn nicht in Frage. Denn, so Fischer, auch gegen den Delitzscher CDU-Landrat Michael Czupalla werde ermittelt - wegen des Verdachts der Untreue. "Und Herr Czupalla wurde nicht beurlaubt."
Das deckt sich mit der Lesart von OBM Wolfgang Tiefensee (SPD), zielt aber auf die Landes-CDU allgemein. Denn bei Kaminski wie Czupalla geht es um dubiose Wahlkampfhilfen und Korruptionsverdacht. Entsprechend hatte es sich der Chef der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Jurk, auch nicht nehmen lassen und bereits Anfang November von Czupalla und der "Müll-Mafia" in Delitzsch gesprochen. Grund: Der CDU-Landrat hatte sich im Wahlkampf 2001 ebenfalls aushelfen lassen, mit rund 150 Plakaten, gesponsert von Klaus-Jürgen Haupt. Haupt aber gilt als "politischer Landschaftspfleger" und Vertrauter von Hellmut Trienekens, der im Kölner Müllskandal eine Schlüsselrolle spielt. Pointe: Czupalla hatte sich für eine groß angelegte Müllverbrennungsanlage im Landkreis ins Zeug gelegt.
Das wirft ein Licht auf das entscheidende Thema im Wahlkampf 2004, die gemeinsame Klammer der beiden Fälle hört auf die Stichworte Filz und Korruption. Allerdings mit Unterschieden: Anders als in Delitzsch geht es in Leipzig neben fragwürdigen Millionen-Provisionen für Kaminski-Wahlhelfer Roland Poser auch ums Thema Stückelung von Großspenden. Hinzu kommt die Tatsache, dass die Landes-CDU das Problem erkannt hat und gegensteuert. So ist eine "Task-Force" zur Bekämpfung von Korruption, wie von SPD-Mann Jurk gefordert, sachsenweit installiert, und nicht zufällig ermittelt im Fall Kaminski der beinharte CDU-Aufklärer Thomas Giesen.
Das führt zu skurrilen Konstellationen. Während die Leipziger Stadt-SPD sich hinter den CDU-Kämmerer stellt, hat SPD-Landtagskollege Jurk längst dessen Suspendierung gefordert. Während CDU-Generalsekretär Hermann Winkler mit Rückendeckung von CDU-Landeschef Georg Milbradt Tiefensee zur Beurlaubung von Kaminski treiben möchte, will die Stadtrats-CDU das Problem gemeinsam mit SPD und Grünen aussitzen. In Dresden stößt das auf Vorbehalte. "Die sitzen alle in einem Boot", heißt es gleich lautend in CDU- wie SPD-Spitzen, "Leipziger Klüngel". Indiz: Jurk wie Winkler erhalten böse Post aus der Messestadt - vom je eigenen Parteianhang.
Das eigentliche Problem aber hat Tiefensee. Mit seiner am Mittwochabend formulierten Stellungnahme pro Kaminski hat sich der OBM den Fall faktisch auf den eigenen Schreibtisch geholt - und sich wie im Fall Burkhard Jung (SPD) angreifbar gemacht. Denn auch gegen den Beigeordneten ermittelt das Regierungspräsidium als Kommunalaufsicht wegen Olympia-Provisionen und Aktenvernichtung, Ergebnis offen. Im schlechtesten aller Fälle aber muss sich der OBM von seinen beiden wichtigsten Mitarbeitern trennen.
(von Jürgen Kochinke)