Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 21.02.2004

Leipziger Modell: Eine Hand wäscht die andere

Giesen-Bericht belegt Bindung zwischen Kaminski und Poser - Anwälte widersprechen
 
Dresden. Der Ex-Datenschützer läuft noch einmal zu Hochform auf. In Rekordzeit hat Thomas Giesen seiner Partei zu einer Bestandsaufnahme und zu einem Punktsieg im Streben um ein sauberes Image verholfen. „Ohne Honorar", erwähnt er in der Einleitung seines Berichts, habe er sich mit zwei Fragenkomplexen beschäftigt: Der ordnungsgemäßen Verbuchung von Spenden durch den Leipziger CDU-Kreisverband im Rahmen der Oberbürgermeisterwahl 1998 und der Rolle, die Roland Poser als OB-Kandidat der CDU vor der Wahl spielte.

Die Antworten fallen eindeutig aus. Die CDU habe Quittungen für Sachspenden in Höhe von 35.300 Mark ausgestellt, die gegen die Finanz-und Beitragsordnung" der Partei verstießen. Bundespartei und Bundestagspräsidium will Giesen in Kenntnis setzen. Der Kreisverband muss mit einer Rückforderung rechnen. Über die mögliche Höhe will Generalsekretär Winkler keine Mutmaßungen anstellen. „Unter den ursprünglichen Erwartungen" heißt es, und Vergleiche zu früheren Skandalen seien nicht zulässig.

Lob spendet Giesen dem beurlaubten Kreisgeschäftsführer Hasso Schmidt. Er hatte die falschen Spendenbescheinigungen unterschrieben, doch Kooperationsbereitschaft an den Tag gelegt und beim Finanzamt Selbstanzeige erstattet. Von Peter Kaminski, dem geschassten Kämmerer, will Giesen das nicht behaupten. Fünf Stunden habe er ihn im Beisein seines Verteidigers befragt. Doch der habe „gemauert".

Verdächtige Eile habe Kaminski gezeigt, als er noch vor seiner Nominierung zum Oberbürgermeister Bewerber der CDU am 30. Oktober 1998 einen Vertrag für die Durchführung seines Wahlkampfes mit der PR-Firma „salaction” unterschrieb. „Vorsichtig geschätzt”, so Giesen, belief sich das Volumen auf 500.000 Mark. Vermittelt und mitverhandelt worden sei dieser Vertrag durch Roland Poser. Kaminski habe damit gerechnet, dass die CDU für die Zahlungsverpflichtungen gerade stehen würde. Giesen spricht in seinem Bericht von einer „übereilten vertraglichen Bindung" und von „blindem Vertrauen auf vage und durch nichts belegte künftige Verhaltensweise der Landes- oder Bundes-CDU". Daraus folgert er eine ”laienhaft-saumselige Haltung". Kaminski hätte als Beamter im Falle einer Verschuldung ein Dienstvergehen begangen und sich in den Verdacht der Abhängigkeit zu jenem Poser gebracht, dem er kurz nach dem Wahlkampf für die Vermittlung eines Investors für das Zentralstadion einen millionen schweren Provisionsvertrag vermittelt hatte. „Um den Verdacht der Vetternwirtschaft auszuschließen", schreibt Giesen, hätte Kaminski OB Tiefensee bitten müssen, aus den Verhandlungen herausgenommen zu werden. Das Leipziger Rechnungsprüfungsamt hatte diesen Vertrag Ende 2002 gerügt, ohne dass Tiefensee Konsequenzen zog.

Auf den Giesen-Bericht reagierten inzwischen drei Anwälte von Kaminski. Nach Agenturmeldungen prüfen sie rechtliche Schritte. Der CDU Prüfbericht stelle eine „Mischung aus Halbwahrheiten und Unterstellungen" dar. Gute Chancen auf eine Rückkehr in sein Amt sieht für Kaminski Peter-Michael Diestel, der prominenteste des Anwalt-Trios.
(von Hubert Kemper)