Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, Seite 4, 25.02.2004
Milbradt stellt sich hinter Weiss
Leipzig/Dresden. Der Vorstandschef der Landesbank Sachsen (Sachsen LB), Michael Weiss, hat gestern Abend die gegen ihn erhobenen Vorwürfe als "substanzlos" bezeichnet. In Bezug auf den Dienstwagen sei ihm damals das Leasing-Angebot für einen Mercedes S 600 (Neuwert 140.000 Euro) als das mit der "günstigsten Rate" angeboten worden. Im Nachhinein, räumte Weiss ein, habe bei der Wahl des luxuriösen Wagens vielleicht das nötige Fingerspitzengefühl gefehlt. Dennoch sieht der Vorstandschef keine moralischen Bedenken, etwa das Fahrzeug auf Kosten der Landesbank zusätzlich mit einer Anhängerkupplung auch für private Zwecke ausgestattet zu haben. "Wir arbeiten hart für unser Geld", so Weiss. Im vergangenen Jahr seien 35 Millionen Euro Gewinn erzielt worden.
Der Streit um den geleasten Dienstwagen geht jedoch weiter. So hat die AVG Auto Vertrieb GmbH, die die Luxuslimousine für Weiss geliefert hat, mittlerweile Anwälte eingeschaltet. Zentraler Streitpunkt ist die Restwertgarantie. Nach Lesart der Sachsen LB hat sich die AVG schriftlich dazu verpflichtet, das Auto nach 36 Monaten und 120.000 gefahrenen Kilometern für 68.700 Euro zurückzunehmen. Die AVG-Anwälte bestreiten die Bindungskraft dieser Vereinbarung und verweisen darauf, dass die Summe völlig unüblich sei und den Verkehrswert um über 100 Prozent übersteige. Weiss sagte dazu, der Restwert sei rechtsverbindlich abgesichert und liege im üblichen Rahmen der von dem Händler abgegebenen Restwertgarantien.
In der aufgeheizten Gemengelage ist der Leasingvertrag längst zum Politikum geworden. Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle hat Weiss vorgeworfen, "einen der größten und teuersten Dienstwagen" in Deutschland überhaupt zu fahren - und das zu Sonderkonditionen.
Der Sachsen-LB-Chef genießt trotz der gegen ihn erhobenen Vorwürfe weiterhin das "volle Vertrauen" der Staatsregierung. Das sagte Regierungssprecher Christian Striefler nach einer Sitzung der Ministerriege um Regierungschef Georg Milbradt (CDU) gestern in Dresden. Finanzminister Horst Metz (CDU) habe nach einem Gespräch den Banker aufgefordert, zusätzlich einen schriftlichen Bericht zu den Vorwürfen abzugeben. Am 3. März soll der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages informiert werden. Laut Metz gibt es "keine Hinweise für ein Fehlverhalten seitens der Rechtsaufsicht". Striefler verwies dabei auch auf einen Auftrag des Verwaltungsrats der Sachsen LB - dessen Vorsitzender der Finanzminister des Freistaats ist - an die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young, die sich mit den Vorwürfen gegen Weiss befassen sollen. Der Regierungssprecher betonte, dass es bislang auch "keine Hinweise gebe, am seriösen Geschäftsgebaren der Bank zu zweifeln". Weiss steht zudem an der Spitze der Sachsen-Finanzgruppe, dem Zusammenschluss von Sparkassen und der Sachsen LB.
Striefler bestätigte, dass dem Finanzministerium seit längerem anonyme Hinweise auf fragwürdige Vorgänge in der Landesbank bekannt sind. Er bestritt jedoch, dass Ministerpräsident Milbradt, bis 24. Januar 2001 Finanzminister in Sachsen, die Vorwürfe gekannt habe. In den Briefen, die DNN vorliegen, wird in einem angeblich aus dem Frühjahr 2001 stamnmenden Schreiben eine "Zusammenfassung von Kantinengesprächen" (Überschrift) über "Herrn Dr. Weiß" abgeliefert. Dann verbreiten sich der oder die Schreiber über die Vermischung von Dienstlichem und Privatem, das Liebesverhältnis von Weiss zur Angestellten Frau Braun und deren Karriereschübe, die "mit Empörung registriert" worden seien. "Unter diesen Umständen", heißt es weiter, werde es "schwer für Herrn Weiß, glaubwürdig und unangreifbar unserer Bank vorzustehen". Dies sei das letzte Schreiben, heißt es am Ende. Man könne auch anderswo seine Sorge loswerden, wenn der Minister der "unkorrekten Dienstausübung weiterhin nur zusehe". Gezeichnet ist der Brief mit "Kollegen und Betroffene der Sachsen LB".
Der Sprecher des Justizministeriums, Leon Ross, erklärte, dass sein heutiger Chef, Minister de Maiziere, Anfang 2002 als Finanzminister zur Bedingung gemacht habe, dass Andrea Braun, die Bank verlassen müsse, wenn der Vertrag des Vorstandschefs verlängert werden soll. Dies sei jedoch nicht aufgrund der anonymen Hinweise geschehen, sondern weil 2001 auch konkrete Hinweise auf die Liebesbeziehung zwischen Weiss und Braun und die daraus resultierende schlechte Stimmung in der Bank vorgetragen worden seien.
(I. Pleil/J. Kochinke/S. Schanzmann)