Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 26.02.2004

Landesbank-Affären werden zum Problem für Milbradt

Vorwürfe gegen SachsenLB-Führungsetage ziehen immer weitere Kreise
 
Ausgerechnet die SachsenLB, einzige selbstständige Landesbank im Osten und bundesweit drittkleinstes Institut seiner Art, gerät jetzt in den Geruch von Großspurigkeit und Vetternwirtschaft: Vorstandschef Michael Weiss leistet sich seit vorigem Sommer mit einem 600er-Mercedes der S–Klasse samt extra langem Radstand, Luxusausstattung und Anhängerkupplung für den privaten Katamaran einen der denkbar größten Dienstwagen. Der Fall wird auch zum Problem für Regierungschef Georg Milbradt (CDU).

Finanziert wird das mehr als 140 000 Euro teure Fahrzeug über einen möglicherweise illegalen Leasing-Deal, der unter der Regie von Andrea Braun, Chefin der SachsenLB-Tochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL), entstanden sein soll (die RUNDSCHAU berichtete). Die umtriebige 37-jährige ist dabei nicht nur geschäftliche Kollegin von Weiss, sondern gilt auch als Lebenspartnerin. Mehr noch. Weiss soll die Karriere der einfachen Assistentin jahrelang befördert und sie letztlich im Vorstand der MDL platziert haben. Damit nicht genug. SachsenLB-Vorstandsmitglied Rainer Fuchs hat einen Detektiv beauftragt, um ehemalige Mitarbeiter der Bank bespitzeln zu lassen. Nach ersten Presseberichten hat sich die Leipziger Staatsanwaltschaft eingeschaltet und prüft. Auch die SachsenLB reagierte und beauftragte Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young sowie Rechtsanwälte damit, die Sachverhalte zu klären. Parallel dazu teilte das Bankhaus allerdings schon mit, die Darstellungen über Missstände in der SachsenLB seien «substanzlos» und «inhaltlich falsch» . Verantwortlich gemacht wird ein bereits gefeuerter Bankmanager.

Der Fall erscheint nicht nur als ein Beispiel von Selbstbedienungsmentalität bei Wirtschaftseliten, die besonders im Osten übel aufstößt. Die Affäre zielt auch auf die Landespolitik und insbesondere Ministerpräsident Milbradt, der sich bei der Landtagswahl im September erstmals bewähren muss. Milbradt war bis Februar 2001 Finanzminister und damit Verwaltungsratsvorsitzender der Sächsischen Landesbank. Insider berichten, schon damals sei er über die bizarren Zustände in der Bank informiert worden.

Sachsens SPD hat jetzt für Anfang März eine Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses beantragt. Thema des Tages: Bericht des Finanzministers über ungeheuerliche öffentliche Vorwürfe gegen Verantwortliche der Sächsischen Landesbank. Milbradts Finanzminister Horst Metz (CDU) hat angekündigt, erst auf der Grundlage des Ernst & Young-Berichtes Auskünfte erteilen zu wollen.

Für SPD-Mann Karl Nolle ist die Lage bereits klar: Unter den Augen des Verwaltungsrates habe sich an der Spitze der SachsenLB eine barocke Mätressen- und Günstlingswirtschaft gepaart mit Großmannssucht entwickelt. Premier Milbradt werde nun von seinem Versagen als Ex-Finanzminister eingeholt. Wenn auch nur ein kleiner Teil der Vorwürfe zutreffe, so SPD-Fraktionschef Thomas Jurk, «sind maßgebliche Entscheidungsträger der Landesbank die längste Zeit in überaus gut dotierten Jobs gewesen».

Der aktuelle Skandal eröffnet einen Blick auf dubiose Zustände hinter den Schaltern des Kreditinstituts, die intern seit Jahren massiv kritisiert werden. In Dresden und Leipzig kursieren anonyme Briefe an die jeweiligen Finanzminister der Vorjahre, in denen frühere und aktive Mitarbeiter eine unzulässige Vermischung von Privatem und Dienstlichem, sexuelle Eskapaden und Spitzelaufträge beklagen. In dem personellen Gefüge, so berichtet ein Insider, hätten nur genehme Kollegen eine Chance. Die Bank nennt dies zwar eine «Rufmordkampagne». Doch ist seit Jahren der Aderlass auch an hochqualifizierten Führungskräften unbestritten groß. Milbradt, so klagen Betroffene, wisse seit Jahren von den Vorfällen, sei aber nicht vehement genug eingeschritten.

Von Sven Heitkamp