Karl Nolle, MdL

Vogtland-Anzeiger, 02.03.2004

SPD Personalkarussel rotiert

"Ein Stil, der noch mehr schadet"
 
DRESDEN - Dass die Stimmung zwischen einzelnen Funktionsträgern der SPD in Sachsen auch aktuell die beste nicht ist, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Dass es auch mit der Stimmung zwischen der Landtagsfraktion unter der Führung von Thomas Jurk hin zum Landesverband, dem (noch) die Europaabgeordnete Constanze Krehl vorsteht, nicht allzu weit her ist, ist ebenfalls hinlänglich bekannt. Man mag dies auf die verpatzten Kandidaturansprüche der Beiden schieben, die nicht nur den Personen, sondern nach Ansicht zahlreicher Unbeteiligter auch der Sozialdemokratie in Sachsen nachhaltigen Schaden zugeführt haben.

Fakt ist dass man innerhalb der SPD-Basis "mehr als unglücklich" über die Ereignisse der vergangen Monate ist und sogar in CDU-Führungsgremien die Befürchtung umgeht, "es jetzt auf Jahre nur noch mit der PDS als ernstzunehmender Opposition zu tun zu haben."

Wegen Schaden von 3,90 Euro gekündigt

Letztes Streich war die von der "Bild"-Zeitung recherchierte fristlose Kündigung einer Sekretärin in der Dresdner SPD-Zentrale wegen vermeintlich falsch abgerechneter Fahrtkosten, wobei sich der entstandene Schaden auf die stolze Summe von 3,90 Euro belaufen soll.

Damit schafften es der Landesverband und seine Chefin immerhin auf die Seite zwei der Boulevardzeitung. Das Aufheulen in der Landtagstrakton galt weniger, dem erneuten Imageschaden der Landesvorsitzenden, sondern vielmehr dem Licht, "in dem wir als Sozialdemokratische Volks- und Arbeiterpartei jetzt erscheinen," so ein Landtagsabgeordneter.

Insgesamt scheint die Leipzigerin, die seit rund drei Jahren auf dem SPD-Chefstuhl sitzt, kein wirklich gutes Händchen mit ihrem Personal zu haben. So fällt auf, dass die Zahl an persönlichen Referenten und Pressesprechern inzwischen so groß ist, dass Journalisten kaum noch mit dem Nachtragen in den Adressbüchern nachkommen.

So kam im Dezember recht überraschend die Mitteilung der damaligen Pressesprecherin Mirjam Richter, dass Sie Ende des Jahres ausscheide. Dies zu Beginn eines Wahljahres, bei dem auf Kommunal-, Landes- und Europaebene viel für die SPD abhängt, ist eher ungewöhnlich.

Seit einigen Tagen soll nun der persönliche Referent von Frau Krehl aus Brüssel, Andre Findeisen, kommissarisch die Pressestelle übernommen haben. Dafür ist dessen Lebensgefährtin nun in Brüssel für die Abgeordnete tätig. Auch vor Frau Richter war der Wechsel in diesem relativ wichtigen Parteiamt aber an der Tagesordnung. Vorgängerin Eva Brackelmann hielt etwas länger als ein Jahr durch, ist jetzt aber im Mutterschutz und will nach Angaben aus ihrem Kreisverband "auf keinen Fall mehr in Dresden arbeiten".

"Verfallszeit von knapp 12 Monaten"

Katja Mäder, ebenfalls mit der Pressearbeit betraut, soll im "großen Krach" nach einem knappen Jahr ausgeschieden sein. Auch die erste persönliche Referentin, Susanne Thomas, wechselte längst zum DGB. "Die hatten eine Verfallszeit von knapp 12 Monaten," unkt man in der Landtagsfraktion, ist aber angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht froh über den desolaten Zustand in der Zentrale.

Bei vielen Funktionsträgern hallt noch die Erinnerung an den Bundespartetag in Bochum im vergangenen November nach. "Da wird die Pressesprecherin am Ende des Parteitages von ihrer Chefin heim nach Hause geschickt und erfährt während der Fahrt, dass unmittelbar nach ihrer Abreise durch den Krehl-Vertrauten und ehemaligen MDR-Redakteur Ronald Lässig eine Pressekonferenz einberufen wurde, um den Medien die Urwahl für die Spitzenkandidatur in Sachsen vorzustellen", so ein Landtagsabgeordneter sichtlich verärgert. "Das ist ein Stil, der uns definitiv kein Stück weiterbringt, sondern eher noch mehr schadet."

"Zum Ablachen das Krehl-Video"

Dass bei derart merkwürdigem Agieren der Spott nicht an den Landesgrenzen halt macht, mag dabei nicht mehr verwundern. So wird inzwischen schon kolportiert, dass das Weihnachtsvideo der Landesvorsitzenden, das an zahlreiche Mitglieder verschickt wurde, inzwischen im Berliner "Willy Brandt Haus", der Bundesgeschäftstelle, zum "Running Gag" geworden sein soll. "Wenn die dort mal wieder einen strubbeligen Tag hatten und sich bei einem Gläschen Rotwein entspannen, dann holt man zum Ablachen gerne mal das Krehl-Video aus", so ein hochrangiges SPD Mitglied, das selbstverständlich, wen wundert's, nicht genannt werden möchte.
(von Stefan Trutschler)