Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung Riesa, 06.03.2004
Geheimbericht soll Köhler belasten
Neue Zweifel an Provisions-Verträgen mit der Erdgas-Arena / Stadträte: Sprengstoff
Riesas umtriebiger Ex-Oberbürgermeister Wolfram Köhler (CDU) gerät wieder unter Druck. Diesmal soll ihn ein städtisches Gutachten belasten, dass sein Parteifreund Jürgen Schwarz angefertigt hat. Das Papier wird behütet wie die Kronjuwelen.
Wie gefährlich ist das Papier, das der Justitiar der Riesaer Stadtverwaltung weggeschlossen hat? Stadträte sprechen hinter vorgehaltener Hand von Sprengstoff. Viele Details im Abschlussbericht des Anwaltes Jürgen Schwarz könnten Riesas Ex-Oberbürgermeister Wolfram Köhler um die Ohren fliegen. Denn das Papier dürfte die Provisionsaffäre der Familie Köhler in ein neues Licht rücken.
Maulkorb für Riesaer Volksvertreter
Stadträte, die das Papier studiert haben, sind wütend. „Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat verkündet, der Vertrag zwischen FVG und Franziska Köhler sei sehr vorteilhaft für Frau Köhler gewesen“, sagte gestern Rolf Haberland von der CDU. „Nachdem ich das Schwarz-Gutachten gelesen habe, kann ich dem nur zustimmen.“ Mehr will er nicht sagen, denn die Stadtverwaltung hat allen Räten einen Maulkorb verpasst. Jeder, der das Gutachten einsieht, muss schriftlich versichern, nichts über den Inhalt zu verraten. Und die drakonischen Sicherheitsvorkehrungen gehen noch weiter. „Während ich gelesen habe, stand die ganze Zeit der Justitiar neben mir und hat aufgepasst, dass ich mir keine Notizen mache“, so Haberland entrüstet.
Seit Herbst 2003 stehen die Geschäfte zwischen Förder- und Verwaltungsgesellschaft und der Firma seiner Frau Franziska in der Kritik. Die Wellen schlugen so hoch, dass sie Olympiastaatssekretär Köhler am 30. Oktober 2003 aus dem Amt schwemmten. Insider fragen sich nach der Lektüre des Schwarz-Berichts sogar, ob mit diesem Exklusivvertrag die FVG regelrecht an Familie Köhler verkauft wurde?
„Die Frage ist berechtigt“, schätzt SPD-Stadtrat Günter Colve vorsichtig ein. Genau wie die Frage, warum überhaupt ein für die Stadt derart nachteiliger Vertrag vereinbart wurde. Eine Antwort weiß der Stadtrat nicht. Hätte aber gern noch einen weiteren Punkt geklärt. Dabei dreht es sich um die Vermarktung des Arena-Namens mit der Verbundnetz Gas AG. Mit 2,5 Millionen Euro der dickste Brocken im Provisionsgeschäft. Der Vertrag sei in Bedeutung und Dimension etwas ganz anderes, als ein paar Sponsoren zu gewinnen, so Colve. Es sei deshalb durchaus strittig, ob auch dieses Geschäft von dem Exklusivvertrag gedeckt sei
Mit Spannung erwarten eine Reihe Stadträte jetzt die Recherche-Ergebnisse von „INES“, Sachsens neuer Anti-Korruptions-Kommission. Dort liegt der Fall Köhler jetzt auf dem Tisch. Bislang führte die Dresdner Staatsanwaltschaft Vorermittlungen. „Wir sind im Moment dabei, die Akten zu sichten“, sagte der Leiter, Oberstaatsanwalt Claus Bogner, gestern der SZ. „Montag können wir vielleicht weitere Aussagen machen.“
In diesem Kontext muss die Geheimniskrämerei um das Schwarz-Papier besonders zwielichtig erscheinen. Während der Ratssitzung wurden die Abgeordneten noch mit einigen wenigen Fakten abgespeist und der Versicherung von Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer: „Alles korrekt gelaufen.“ Doch die eingehende Lektüre des Berichts nährt Zweifel. Vor allem bei der SPD braut sich etwas zusammen. „Wir müssen das noch in der Fraktion beraten“, sagt Horst Hofmann, Chef der Riesaer Sozialdemokraten. Genaueres will er noch nicht dazu sagen. Doch er lässt durchblicken, dass der Bericht für die SPD noch lange nicht abgehakt ist. Außerhalb von Riesa ist man weniger zimperlich in der Wortwahl und hat schon den Landtagswahlkampf im Blick. Der SPD-Frontmann Karl Nolle rügte gestern heftig die Nominierung Köhlers. Vor allem, solange wegen Untreue gegen ihn ermittelt werde.
(Von R. Hanke u. G. Niehus)