Karl Nolle, MdL
DNN/LVZ, 13.03.2004
Sachsens Polizeipräsident Pilz steht vor dem Aus
Dresden. Für Sachsens obersten Polizisten wird die Luft endgültig dünn. Seit Wochen gibt es Vorwürfe gegen Polizeipräsident Eberhard Pilz im Dutzend - nicht zuletzt wegen Alkoholproblemen und der widerrechtlichen Nutzung seines Dienstfahrers für Privatzwecke. Und: Es ist nicht das erste Mal. Bereits Ende der 80-er Jahre wurde Pilz mit schwer wiegenden Vorwürfen konfrontiert, damals noch in Bayern. Das Prekäre: Die Themen damals wie heute sind ähnlich, drehen sich um Alkohol und Untreue - und um mögliche Geheimdienstverbindungen nach Tschechien. Grund: Pilz war für die bayerische Polizei Verbindungsbeauftragter Richtung Ostnachbarn. Auslöser des Konflikts in Bayern war Klaus Deml, ein Kriminalhauptkommissar außer Dienst. Der äußerte den Verdacht, dass sein damaliger Chef, der Erste Polizeihauptkommissar Pilz, es mit den Gesetzen nicht so genau nehme.
Konkret lauteten die Vorwürfe: Steuer- und Zollvergehen, versuchte Strafvereitelung im Amt, Trunkenheit am Steuer. Es folgten ein Vorprüfverfahren, eine Meldung bei der Generalbundesanwaltschaft sowie eine Strafanzeige im Februar 1989. Die Ermittlungen freilich wurden von der Regensburger Staatsanwaltschaft eingestellt. Ein Tatnachweis sei nicht zu führen, lautete die Begründung. Deml allerdings sah darin ein Komplott, ein Geflecht aus Freundschaftsdiensten und parteipolitischen Verbindungen. Grund: Das CSU-Mitglied Pilz hatte offenbar Führsprecher bis hin zu höchsten Kreise. Unter anderem ging es um den damaligen CSU-Fraktionsvorsitzenden Gerold Tandler, der sich in anderer Sache schon mal schriftlich für Pilz bei Franz Josef Strauß eingesetzt hatte.
In der aktuellen Gemengelage in Sachsen werden die Vorgänge aus Bayern für Pilz zum akuten Problem. Denn auch derzeit gibt es Vorwürfe gegen den Polizeichef wegen "verbaler Ausfälle" gegenüber Frauen, so der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, garniert mit Schnaps- und Biergerüchten. Vor allem aber hält sich in Polizeikreisen eisern der Verdacht, der Dienstfahrer von Pilz sei seinem Chef auch privat zu Diensten gewesen - bei Malerarbeiten. Zwar hatte der Polizeichef dies erst vor Tagen allgemein zurückgewiesen, auf konkrete Nachfragen aber nicht exakt geantwortet.
Verbale Umschreibungen solcher Art dürften dem Landespolizeipräsidenten nach neuestem Stand kaum mehr helfen. Politische Insider rechnen damit, dass Pilz in den kommenden Tagen aus dem Rennen genommen wird - wahrscheinlich Anfang nächster Woche, aus gesundheitlichen Gründen.
(Jürgen Kochinke)