Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 13.03.2004

Affäre Pilz: Opposition fordert Sondersitzung im Landtag

 
DRESDEN - Der Landespolizeipräsident Eberhard Pilz - jetzt auch ein Fall für den Landtag. Die PDS beantragte gestern eine Sondersitzung des Innenausschusses. Die SPD fordert Regierungschef Milbradt (CDU) zum Handeln auf, unterstellte Innenminister Rasch (CDU) „Handlungsschwäche“. Was als Fall Pilz begann, ist inzwischen eine handfeste Affäre. Nicht seine erste.

Schon 1989 gab es eine Strafanzeige gegen Pilz - damals Polizeihauptkommissar der Grenzpolizeiinspektion Furth im Wald (Bayern). Die „Süddeutsche Zeitung“ (SüZ) damals: „Die Strafanzeige, die der Regensburger Staatsanwaltschaft vorliegt, ist nicht nur wegen ihres Umfangs von 175 Seiten ein dicker Brocken.“

Damals ermittelte der Staatsanwalt gegen Pilz wegen „Meineids, Rechtsbeugung, Nötigung, Verfolgung Unschuldiger und der Strafvereitelung im Amt“. Pilz bestritt alle Vorwürfe, das Verfahren wurde eingestellt, eine Schuld war Pilz nicht nachzuweisen. „Es wurden nicht alle notwendigen Ermittlungen geführt“, wetterte ein ehemaliger Kollege in der SüZ. Man munkelte damals, CSU-Mitglied Pilz habe gute Verbindungen in die Politik.

Die Vorwürfe von einst weisen merkwürdige Parallelen zu den aktuellen Anschuldigungen gegen Pilz auf (Morgenpost berichtete). Pilz soll es mit den Gesetzen nicht so genau genommen haben. Ein Kriminalbeamter warf ihm damals Untreue, Trunkenheit im Verkehr und den Verrat von Privatgeheimnissen vor. Sogar nachrichtendienstliche Verbindungen zur Tschechoslowakei soll Pilz gehabt haben. Er bestritt alle Vorwürfe, die daraufhin eingeleiteten Verfahren endeten ergebnislos.

Pilz sollte damals zum Leiter der Grenzpolizeiinspektion aufsteigen - doch dazu fehlte ihm die Ausbildung. Dann kam die Wende. Per Sonderaktion Ost durfte Pilz in Sachsen ohne Prüfung in den höheren Dienst aufsteigen, wurde bei der Chemnitzer Polizei Abteilungsleiter. Die SüZ: „Eine Stellung, die er in Bayern nie erreicht hätte.“ In Sachsen brachte er es damit bis zum Polizeipräsidenten, Chef von 14000 Polizisten.

Auch heute hat Pilz noch beste Kontakte nach Tschechien. Eine offizielle Dienstreise von Pilz und Staatssekretär Michael Antoni zu tschechischen Kollegen im Mai 2003 benötigte nicht einmal eine schriftliche Einladung. „Das liegt am guten Verhältnis von sächsischer und tschechischer Polizei“, sagte Staatssekretär Antoni am Dienstag auf der Sonder-Pressekonferenz zum Fall Pilz.
sml/JU