Karl Nolle, MdL

Lausitzer Rundschau, 18.03.2004

Strafanzeigen gegen hohe Polizeibeamte

Innenminister droht möglichen „Heckenschützen“ mit Konsequenzen
 
Der Krach in der Führungsspitze der sächsischen Polizei geht weiter. Gegen zwei leitende Mitarbeiter der Landespolizeischule in Bautzen sowie gegen einen Abteilungsleiter im Innenministerium wurde jetzt Strafanzeige gestellt. Innenminister Horst Rasch (CDU) stellte sich indes vor Polizeipräsident Eberhard Pilz. Dieser sei Opfer einer „inszenierten, infamen Rufmordkampagne“.

Die Strafanzeige richtet sich gegen die zwei leitenden Beamten der Landespolizeischule, Gerd Ley und Michael Hauck, sowie gegen den Leiter der Abteilung 1 im Innenministerium, Bernd Groh. Es gehe um eine Vielzahl von Vorwürfen, bestätigte Oberstaatsanwalt Claus Bogner als Leiter der neuen Antikorruptionseinheit „Ines“ der RUNDSCHAU. Zu den Vorwürfen zählen nach einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ Untreue und Betrug, aber auch sexuelle Nötigung im Schwulenmilieu sowie Strafvereitelung im Amt. So sei der Anzeige eines früheren Polizeischülers nicht nachgegangen worden.

In Regierungskreisen wird berichtet, es habe den misslungenen Versuch eines sexuellen Übergriffs auf einen Mitarbeiter gegeben. Minister Rasch sagte zumindest, die Strafanzeige komme aus einer nachgeordneten Behörde des Innenministeriums. Dem Vernehmen nach stammt sie von einem Mitarbeiter der Landespolizeischule selbst. An der Polizeischule tätigen Mitgliedern des privaten Vereins „Förderkreis für Demokratie und Sicherheit“ wird schon seit Längerem vorgeworfen, die Infrastruktur der Polizeischule zu ihrem Vorteil genutzt zu haben. Entsprechende Landtagsanfragen des SPD-Abgeordneten Karl Nolle waren jedoch nicht richtig beantwortet worden. Daraufhin gab es Durchsuchungsaktionen in Bautzen. Eine Ermittlungsgruppe der Staatsregierung prüft bereits eine ganze Reihe von Vorwürfen gegen mehrere leitende Beamte der Polizei. Ein Abschlussbericht solle Ende März vorliegen, kündigte Rasch gestern an.

Seit Wochen in der Kritik steht auch Polizeipräsident Pilz. Rasch erklärte jedoch, die Anschuldigungen hätten sich nach bisherigen Ermittlungen nicht bestätigt. Er werde es „nicht weiter zulassen, dass die ungeheuerlichen Vorwürfe weiter im Raum stehen“ bleiben.

Pilz lässt durch seinen Anwalt bereits rechtliche Schritte gegen Urheber der Vorwürfe prüfen. Dabei geht es um angebliche sexuelle Belästigungen von Kolleginnen, ein ungenehmigtes Aufsichtsratsmandat, die private Nutzung des Dienstwagens und des Fahrers, angebliche „Vergnügungsrundflüge“ mit einem Polizeihubschrauber, Alkoholmissbrauch und das Abhören von Journalisten-Telefonen. Die anonymen Vorwürfe seien substanzlos und „hochgradig ehrverletzend“, kritisierte Rasch. Jede Anschuldigung schädige das Ansehen der Polizei, des Landespolizeipräsidenten und des Innenministeriums. Rasch gab sich ungewohnt drastisch: „Für den Fall, dass die möglichen intriganten „Heckenschützen“ bekannt werden, drohen ihnen schwere Konsequenzen.“ Sie kämen „nicht mit einem blauen Auge davon“. Zur Frage, ob eine Spur zu den Drahtziehern nach Bautzen führe, wollte sich der Minister nicht äußern.

Ähnliche Vorwürfe gegen Pilz waren bereits in der Vergangenheit in Bayern bekannt geworden. Der Polizeipräsident selbst erklärt die Vorgänge damit, das er damals wie heute eine umfangreiche Polizeiorganisationsreform durchzuführen hatte. In Sachsen ist ein massiver Abbau der Polizeipräsidien und Direktionen und entsprechender Leitungsfunktionen vorgesehen. Kommenden Dienstag wird sich auf Antrag der PDS auch der Innenausschuss mit dem Eklat befassen. Thema der Sitzung: „Aufklärung der Vorwürfe von Amtsmissbrauch und Korruption gegen das Sächsische Staatsministerium des Innern und Bedienstete der sächsischen Polizei“.
(Von Sven Heitkamp)