Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, Seite 4, 19.03.2004
Mitarbeiter vertrauen Rasch nicht
Hilferuf des Personalrats: Einschüchterungen einstellen - Seltsame Wege der Informationen des Sonderermittlers
Dresden. Sie könnten sich unbesorgt mit Informationen an ihn wenden, hatte Michael Antoni, Staatssekretär im sächsischen Innenministerium, kürzlich bei einer Pressekonferenz seinen Mitarbeitern Mut machen wollen. Wer die Informationen studiert, die der Personalrat in diesen Tagen allen Mitarbeitern zugänglich gemacht hat, muss das als Sarkasmus empfinden. ,Die Drohkulisse in unserem Haus ist unerträglich", klagte eine Beamtin und verband das mit der Bitte um absolute Diskretion. Wer Außerungen auch aus CDU-Kreisen bisher als übertrieben herunterspielte, findet in den Rundschreiben des Personalrats eine schockierende Bestätigung: Die Forderung nach einem wirksamen Zeugenschutz gilt als Hilferuf an die Politik, schnellstens Veränderungen einzuleiten.
"Wo bleibt Ihre Solidarität mit Mitarbeitern unseres Hauses, die zum Teil schon wochenlang unter dem Trommelfeuer ungerechtfertigter in den Medien vorgetragener Vorwürfe standen und zum Teil noch stehen?" hatte Innenminister Horst Rasch am Mittwoch geschrieben. Die Antwort spricht für ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Belegschaft: ,Ihr Bestreben, jeden Einzelfall in gleicher Weise fair und angemessen zu behandeln, kann von der Belegschaft nicht erkannt werden."
„Absolut substanzlos" hatte Rasch am Dienstag die Vorwürfe gegen seinen Landespolizeipräsidenten Eberhard Pilz bezeichnet und gleichzeitig schwere Konsequenzen für intrigante Heckenschützen" angekündigt. Während er Pilz freisprach, teilte er mit, dass Zwischenergebnisse einer Ermittlungsgruppe Sonderfälle (ES) bereits zu „verschiedenen Strafanzeigen" geführt hätten. Wie die Informationen des Sonderermittlers Brockmann zu einem Polizeidienststellenleiter in Dommitzsch gelangten, der die Anzeigen stellte, dürfte bald auch Gegenstand staatsanwal schaftlicher Ermittlungen sein. Die kündigte der Dresdner Rechtsanwalt Mark Hirschmann an.
Mit aller Härte fordert die Personalvertretung Minister Rasch auf, Vorverurteilungen von Mitarbeitern entgegenzuwirken. Dabei geht es offenbar vor allem um den angesehenen Leiter der Zentralabteilung Bernd Groh, der unter Innenminister Hardraht Landespolizeipräsident war. Mit dem Verlangen einer wahrheitsgemäßen Aufklärung von Vorwürfen spricht der Personalrat massive Zweifel an diesem Bemühen aus und sieht sich darin durch den Schleuderkurs der Pressearbeit bestätigt. In CDU-Kreisen wächs unterdessen der Frust über Rasch Der Forderung des SPD-Abgeordneten Karl Nolle, Zeugenschutz zu gewährleisten, hatte sich kürzlich auch CDU-Fraktionschef Fritz Hähle angeschlossen.
Mit dem Verdacht, dass im Rahmen der Affäre um Innenministerium und Pilz elektronische Kommunikationsdaten überwacht werden könnten, beschäftigen sich kleine Parlamentsanfragen des PDS-Abgeordneten Steffen Tippach. Unter an derem will er wissen, ob auch Journalisten-Daten überwacht wurden.
(von Hubert Kemper)