Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 24.03.2004
Rasch wächst ein Pilz über den Kopf
Im Innenministerium ist jetzt Stühlerücken angesagt
Dresden. Die PDS beantragt förmlich die Entlassung von Innenminister Horst Rasch. Die SPD erwägt sogar ein Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Georg Milbradt, falls dieser nicht vorher handelt und Rasch entlässt. Zur selben Stunde wird aus dem Innenministerium ein großes Stühlerücken verkündet. Von drei Landesämtern sollen zwei bisherige Chefs ihre Posten tauschen, ein dritter geht in Pension. Eine Begründung für diese Rochade wird nicht gegeben. Doch scheinbar unter ferner liefen und scheinbar ohne Zusammenhang taucht da noch eine weitere Personalie auf. Der Leiter der Zentralabteilung im Innenministerium, Bernd Groh, wird als Abteilungsleiter ins Umweltministerium versetzt, und der Chef der betreffenden Abteilung im Umweltministerium, Peter Schell, wechselt auf Grohs bisherigen Posten im Innenministerium. Außerdem räumt der seit Wochen umstrittene Landespolizeipräsident Eberhard Pilz auch einen Posten: den als Aufsichtsrat bei der Signal-Iduna-Versicherung.
Das alles geschah gestern. Ein ereignisreicher Tag voller Verwirrung, so scheint es. Doch dieses Knäuel lässt sich vielleicht am einfachsten von jenem Strang her aufdröseln, der in der Kabinettsregie des vergangenen Tages die geringste Rolle spielen sollte.
Dem Polizeipräsidenten Eberhard Pilz, der sich seit Wochen mit schweren. Vorwürfen zu seiner Amtsführung konfrontiert sieht, war nur eine kleine Rolle zugedacht. Es sollte gestern eben keine Rochade auf dem Sessel des Polizeichefs geben. Pilz gab im Innenausschuss des Landtags lediglich an, dass er das Aufsichtsratsmandat bei der Signal-Iduna nicht mehr wahrnehmen werde.
Begründung: Er habe bis vorgestern nicht gewusst, dass diese Tätigkeit genehmigungspflichtig sei. Und sein Dienstherr, der Innenminister? Der konnte den Mitgliedern dieses Sonderausschusses auch keine befriedigende Antwort geben, etwa auf die Frage, in wessen Auftrag, auf wessen Anregung hin Pilz bislang den Aufsichtsratsposten bekleidet habe.
Also gaben sich die Parlamentarier selbst die Antworten. Für den
innenpolitischen Sprecher der SPDFraktion, Peter Adler, jedenfalls hat ein Polizeipräsident im Aufsichtsrat eines Privatunternehmens nichts zu suchen. Für Adler ist es deshalb auch keine Rechtsfrage von genehmigter oder nicht genehmigter Tätigkeit, sondern eine Geschmacksfrage. Doch von Minister Rasch gab es offenbar weder dazu noch zu anderen Fragen im Zusammenhang mit Vorwürfen von Korruption und Amtsmissbrauch im Innenministerium Antworten. Rasch blieb wie seit Wochen bei seiner Sicht, im Falle des Polizeipräsidenten handele es sich um eine Rufmordkampagne.
Als einen der Urheber dieser angeblichen Kampagne aber haben Regierungskreise längst einen Hauptverdächtigen ausgemacht: eben den Leiter der Zentralabteilung im Innenministerium und ehemaligen Polizeipräsidenten Bernd Groh. Diesen ist nun der Innenminister durch Versetzung los. Doch auch deshalb ist für die Landtagsopposition aus der Affäre Pilz nun vielmehr eine Affäre Rasch geworden.
Mit dem Versuch, in Bernd Groh einen möglichen Kritiker abzuschütteln, hat sich das Innenministerium nach Ansicht von PDS Mann Tippach durchaus keine Ruhe verschafft. „Ich fürchte", so Tippach, die Affäre Rasch fängt jetzt erst richtig an."
(von Dagmar Ruschansky)