Karl Nolle, MdL

Junge Welt, 14.10.2000

MdL Karl Nolle - Abartig, nicht entartet ...

Sachsens Parlament bleibt seinem Ruf als »größter Stammtisch der Nation« treu
 
DRESDEN. In der Debatte des Dresdner Landtags am Donnerstag, den 12.10.00 zeigte der Unternehmer und SPD-Abgeordnete Karl Nolle der PDS erneut, wie Opposition auch aussehen könnte und brachte die CDU mit seiner Abrechnung über deren Bildungs-, Ausbildungs- und Technologiepolitik zum Aufheulen. Die christdemokratische Abgeordnete Veronika Bellmann hielt ihm daraufhin vor, wieder einmal nur »entartete Kunst zu liefern«. Unbeeindruckt von einem Zwischenruf ließ CDU- Landtagspräsident Erich Iltgen diese Formulierung zu. Frau Bellmann kam aber von selbst auf die Idee, sich zu entschuldigen. Nein, so habe es sie nicht gemeint. Sie hätte lediglich darauf aufmerksam machen wollen, wie »abartig« die Äußerungen Nolles wieder einmal gewesen seien.
Das sächsische Landesparlament ist schon in der Vergangenheit häufig durch den in seinen Hallen herrschenden Zungenschlag aufgefallen. In Sachsen liebt man die klare Sprache, nicht die political correctness. Da nennt der Innenminister das »Schwarzbuch des Kommunismus« eine »wissenschaftliche Veröffentlichung über die Verbrechen des Kommunismus« - niemand lacht. Der Mann ist nämlich kein verwirrter Einzeltäter, sondern die Regel. So bewies der Chef des Verfassungs- und Rechtsausschusses, Volker Schimpff (CDU), Vorsitzender des antijugoslawischen Vereins »Sachsen hilft Kroatien« und Präsidiums-Mitglied der Paneuropa-Union, in einer Debatte, daß er Ernst Nolte nicht nur gelesen, sondern auch verstanden hatte. »Das war keine Bodenreform, das war Klassenmord, so wie wenige Jahre vorher die Nationalsozialisten Rassenmord begangen haben«, stellte er klar. Dies wiederum fand sofort die Unterstützung des damals noch amtierenden Justizministers Steffen Heitmann (CDU), der im Landtag schon mal feststellte, daß man die DDR und das NS-Regime nur deshalb nicht nicht miteinander vergleichen dürfe, weil in der DDR keine Juden vergast worden seien. Die »Alteigentümer«, so Heitmann, »sind deportiert worden wie vorher die Juden. Freilich sind sie nicht in die Gaskammern getrieben worden.« Landtagspräsident Iltgen sah auch damals keinen Grund, Schimpff oder gar Heitmann zur Ordnung zu rufen.
von Anselm Kröger, Dresden)