Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 05.05.2004
Dresden: Razzia in Ministerium
Verdacht auf Millionen-Betrug bei einem durch die EU-geförderten Projekt / Ermittlungen gegen 16 Personen
Bei der Qualifizierung hunderter Mitarbeiter des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) und der Sachsenring AG Zwickau wurden möglicherweise über zehn Millionen Euro veruntreut.
Dresden. Kripo und Staatsanwaltschaft haben gestern Büros im sächsischen Wirtschaftsministerium und weitere 30 Objekte in sechs Bundesländern durchsucht. Die Ermittlungen wegen Verdachts auf Subventionsbetrug richten sich gegen 16 Personen, von denen vier im Staatsdienst sind oder waren.
Nach Auskunft von Wirtschaftsstaatssekretärin Andrea Fischer (CDU) geht es um die teuerste Fortbildungsmaßnahme, die ihr Haus und der Europäische Sozialfonds gefördert haben. Nach Angaben der Ermittler hatten die Beschuldigten mit Förderanträgen über insgesamt 26 Millionen Euro zur Umschulung und Weiterbildung zu tun. 21 Millionen Euro seien an die jetzt insolvente Qualifizierung Mikroelektronik und Fahrzeugtechnik GmbH ausgezahlt worden.
Mehr als die Hälfte des Geldes wurden ersten Schätzungen zufolge „zweckfremd“ verwendet. Das haben Untersuchungen der Innenrevision ihres Hauses ergeben, sagte Fischer. Die Revisoren untersuchen alle rund 80 vom Haus geförderten Qualifizierungsmaßnahmen und befragen dazu betroffene Mitarbeiter, „vom einfachen Sachbearbeiter bis zum Ex-Minister“, so Fischer. Nachdem der Verdacht der Untreue aufgetaucht sei, habe das Ministerium, das zur Tatzeit 1999 bis 2001 von Kajo Schommer (CDU) geleitet wurde, den Fall selbst angezeigt.
Das Ausmaß des Skandals ist derzeit kaum absehbar. So ist unklar, warum das Qualifizierungsprojekt nicht ausgeschrieben wurde, und welche Rolle dabei die großzügige Förderung beim zeitgleichen Übergang des ZMD vom Freistaat an die Sachsenring AG spielte.
(Von Thomas Schade)