Karl Nolle, MdL

Dresdner Morgenpost, 06.05.2004

Zwei Verhaftungen nach Razzia: Ex-Minister Schommer schweigt

 
DRESDEN - Der 21-Millionen-Euro-Betrug durch die Ausbildungsfirma QMF: Gestern wurden QMF-Chef Helmut Stachel (55) und der ehemalige Abteilungsleiter „Arbeit“ im Wirtschaftsministerium, Hans Neufischer (65), verhaftet. Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) schweigt jedoch eisern zu dem Fördermittelbetrug, der während seiner Amtszeit eingefädelt wurde.

Nur einen Tag nach der Razzia von LKA und Staatsanwaltschaft im Wirtschaftsministerium wurden gestern die zwei festgenommenen Tatverdächtigen dem Haftrichter in Dresden vorgeführt. Oberstaatsanwalt Claus Bogner: „Gegen sie liegt dringender Verdacht des Subventionsbetrugs im besonders schweren Fall vor.“ 21 Millionen Euro erhielt die seit Januar insolvente QMF vom Wirtschaftsministerium aus dem Europäischen Strukturfonds (ESF). Damit sollte sie entlassene Mitarbeiter der Sachsenring AG (SAG) und des Zentrums für Mikroelektronik Dresden (ZMD) vor der Arbeitslosigkeit bewahren. „Über 50 Prozent des Geldes wurden veruntreut“, so Wirtschafts-Staatssekretärin Andrea Fischer. Seit Sommer 2002 wussten die Verantwortlichen davon - zahlten dennoch weiter. „Im Mai 2003 gab’s die letzte Auszahlung an QMF“, sagt Ministeriums-Sprecherin Annette Binninger.

Der jetzt verhaftete Hans Neufischer war an der Vergabe maßgeblich beteiligt. Dass er als Abteilungsleiter den Deal allein einfädelte, darf bezweifelt werden. „Laut Herrn Rittinghaus war die QMF das Lieblingskind von Kajo Schommer“, sagt der SPD-Abgeordnete Karl Nolle. Doch Schommer schweigt beharrlich: „Ich äußere mich dazu nicht.“

Kein Unbekannter ist dagegen Ex-QMF-Chef Helmut Stachel. Nach der Wende kam er im IG-Metall-Auftrag nach Sachsen, sahnte als Bezirks-Chef der Region Zwickau 12 800 Mark im Monat ab. Zusätzlich genehmigte er sich ab 1994 als Geschäftsführer einer Personal-Leasing-Agentur 15 000 Mark - monatlich. Das war selbst der Gewerkschaft zu viel. Stachel flog raus - landete bei der SAG.

„Er hat einen Tarifvertrag für unsere Beschäftigten ausgearbeitet“, sagt Ex-SAG-Chef Ernst-Wilhelm Rittinghaus. Später ließ Rittinghaus entlassene SAG-Mitarbeiter bei Stachels QMF qualifizieren. Sachsens CDU kommt der Skandal im Wahljahr denkbar ungelegen. Die CDU-Fraktion verlangte gestern Aufklärung. „Außerdem sollten die Strukturen aller mit Steuergeld arbeitenden Qualifizierungsgesellschaften überprüft werden“, sagte Sprecher Martin Kuhrau.
[JU/sml]