Karl Nolle, MdL
Agenturen dpa/sn, 12:09 Uhr, 26.05.2004
Debatte über Fördermittelbetrug - weitere Verdachtsfälle
Dresden (dpa/sn) - In der Diskussion um mutmaßlichen Betrug bei Fördermitteln hat Wirtschaftsminister Martin Gillo (CDU) weitere «Verdachtsfälle» eingeräumt. Derzeit prüfe die Innenrevision seines Hauses etwa 80 Vorgänge, bei denen die Bewilligung von Geldern direkt durch eine inzwischen aufgelöste Abteilung des Ministeriums erfolgte. «Die bisherige Prüfung hat sowohl revisionsbedürftige als auch völlig korrekte Fälle gezeigt», sagte Gillo am Mittwoch im Parlament. In den nächsten Wochen sollen fragliche Fälle soweit «vorgeklärt» sein, dass «wir entscheiden können, welche dieser Vorgänge an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden».
Hintergrund sind Vorwürfe gegen die Weiterbildungsgesellschaft
QMF, die im Januar 2004 Insolvenz anmeldete. Sie sollte Beschäftigte des Zentrums Mikroelektronik Dresden und der Sachsenring Automobiltechnik AG weiterqualifizieren und erhielt dafür rund 21 Millionen Euro EU-Gelder. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden aber nur allgemeine Computerkurse durchgeführt. Die Gelder sollen vielmehr als eine Art Lohnersatz an die Beschäftigten geflossen sein. «Darauf deuten die überhöhten, am ursprünglichen Nettolohn orientierten Unterhaltsgelder hin», sagte Gillo am Mittwoch.
Prüfer der EU hatten die Unregelmäßigkeiten aufgedeckt. Auch Mitarbeiter des Wirtschaftsministerium, die für die Bewilligung der Mittel verantwortlich waren, stehen im Verdacht. Zwei Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft. Gillo erinnerte im Landtag nochmals an das Prinzip der Unschuldsvermutung. Zugleich bedauerte er den Fall. Dieser habe dem «hervorragenden Ruf seines Hauses» geschadet. Gillo versprach, das mit persönlichem Engagement wieder zur richten.
PDS-Fraktionschef Peter Porsch kritisierte Gillos Aussagen als unzureichend. Sollte der Regierung nicht mehr zu dem Thema einfallen, werde es in der nächsten Legislatur einen Untersuchungsausschuss zu QMF geben müssen. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) habe sich wochenlang als «moralische Instanz des Ostens» aufgespielt und allen anderen ostdeutschen Bundesländern mit Ausnahme Sachsens falsche Verwendung von Geldern für den Aufbau Ost vorgehalten. Mit QMF sei die Europäische Union hinters Licht geführt.
Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle warf der Regierung unter anderem vor, trotz konkreter Hinweise auf Unregelmäßigkeiten viel zu spät reagiert zu haben und die Wahrheit nur stückweise in die Öffentlichkeit zu bringen.
dpa su yysn ba
261209 Mai 04