Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 24.06.2004

Im Streit um rare Mandate droht die SPD unterzugehen

Hauen und Stechen vor dem Listenparteitag- Juso-Chef kämpft
 
Dresden. Nach der verheerenden Wahlniederlage in Thüringen geht bei Sachsens Sozialdemokraten die Furcht vor dem endgültigen Absturz in die Bedeutungslosigkeit um. Knapp drei Monate vor der Landtagswahl am 19. September erwarten politische Beobachter, dass die SPD noch unter ihr Ergebnis von 1999 zurückfallen wird. Damals erzielte sie 10,7 Prozent und zog lediglich mit rq Abgeordneten ins Parlament.

Er sorge sich darum, dass seine Partei um den Wiedereinzug in den Landtag kämpfen muss, meinte der Brandenburger SPD-Abgeordnete Stephan Hilsberg im Deutschlandfunk. „Sprachlosigkeit" in der Ost SPD habe dazu geführt, dass sie nicht mehr wahrgenommen werde.

Aufmerksamkeit erregt die mit Abstand zur dritten Kraft im Land degradierte SPD durch ihren Führungsstreit und ein bizarres Gerangel um die wenigen Landtagsmandate. Nur mühsam verkleistern Parteichefin Constanze Krehl und der Fraktionsvorsitzende Thomas Jurk ihren Streit um Führung und personelle Aufstellung der künftigen Fraktion. Nachdem zunächst Kompetenz als alleiniges Kriterium für die Aufstellung der Liste gelten sollte, setzte der Kompromiss ausschließlich auf regionalen Proporz.

Zankapfel zwischen Jurk und Krehl bleibt der Dresdner Druck Unternehmer Karl Nolle. Krehl und Gunter Weißgerber, ihr Leipziger Mentor, wollen Nolle ausbooten. Jurk macht sich für den Populärsten seiner Landtagsriege stark: „Die SPD braucht jemand, der sich auch einmal die Finger verbrennt, wenn es für die politische Hygiene gut ist." Nolle feierte am Dienstag einen Etappensieg. Mit 8:3 schlug ihn der Unterbezirksvorstand Dresden für Platz 8 der Liste vor. Albrecht Leonhardt, sein Unterbezirksvorsitzender, der gegen Nolle kandidiert hatte, legte gestern sein Amt nieder.

6o Delegierte werden am Sonntag in Döbeln über die Listenplazierung entscheiden. Neben Ex-Juso Nolle kämpft auch der aktuelle Landesvorsitzende Martin Dulig um ein Landtagsmandat- Er ist auf Platz 31 platziert und tritt gegen den Schulexperten Gunther Hatzsch an, der auf Platz 3 rangiert. „Wie will man der Partei erklären, wer den Wahlkampf machen soll?" fragt Dulig für den Fall eines Ausbootens des von ihm repräsentierten Jugendflügels.

„Politisch und strategisch dumm" sei der Kurs, den die Parteichefin steuere. Der jetzige Listenvorschlag diene nur dem Erhalt eigener Machtinteressen, stichelt der Juso-Chef. Mit seiner Prognose steht Dulig nicht allein: „Krehl droht der Laden auseinanderzufliegen."
(von Hubert Kemper)