Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 29.06.2004
Nach Parteitags-Niederlage: SPD-Chefin Krehl wirft hin
DRESDEN -Der Machtkampf in Sachsens SPD ist entschieden: Die Chefin schmeißt hin. 24 Stunden nach ihrer vernichtenden Niederlage beim Listenparteitag in Döbeln gab Constanze Krehl den SPD-Landesvorsitz und ihren Listenplatz für die Landtagswahl auf.Thomas Jurk führt jetzt die Partei allein.
Rücktritt war im SPDFührungs-Tandem eigentlich nicht vorgesehen. Nun muss Thomas Jurk allein strampeln. „Na klar ist das ein Befreiungsschlag", sagt Jurk. So locker, heiter und gelöst war er selten zu sehen. „Das quälende Gezerre ist beendet, die personelle Klärung eine gute Botschaft. Die Partei braucht jetzt einen Neubeginn."
Krehls Abgang war dagegen symptomatisch für ihren Führungsstil: Den ganzen Tag war sie nicht erreichbar - nicht einmal für Jurk. „Rolf Schwanitz (Krehls Stellvertreter, d. Red.) hat mich gebeten, kommissarisch die Führung zu übernehmen", so Jurk. „Für mich war sie bisher nicht zu sprechen." Doch nicht nur das: In einer dürftigen Pressemitteilung trat Krehl am Nachmittag auch noch übel nach. „Die Delegierten haben in Döbeln eine 'klare Richtungsentscheidung gegen Sachpolitik getroffen." Jurk: „Das ist nicht nachvollziehbar, muss wohl in tiefem Frust passiert sein."
Keinen Dank gab's von Krehl an die Partei, keine Anerkennung für ihre Mitarbeiter. Stattdessen wünschte sie der SPD lapidar einen „guten und erfolgreichen Wahlkampf" und hofft auf „Direktmandate im Leipziger Raum". Dazu Jurk: „Wir haben 60 Direktkandidaten, nicht nur in Leipzig." Jurk will die Partei nun „neu profilieren" und „die sächsische Stimme" auch in Berlin stark machen. Das wird kaum für einen schnellen Erfolg bei der Landtagswahl im September reichen. „Wir werden bis Herbst keine Wunder vollbringen", sagt Jurk. „Aber wir werden kämpfen und können nun neuen Schwung holen."
Was Frau Krehl jetzt macht, kann derzeit keiner außer ihr beantworten. Sie ist ins Europaparlament gewählt, wird wohl politisch nach Brüssel gehen. Ob sie auch ihren Job als SPD-Bundes-Vize abgibt, wurde gestern nur spekuliert. Für Sachsen ist es ohnehin egal. Jurk: „Was wollen wir noch über Frau Krehl reden. Das ist jetzt Vergangenheit."
(von Stefan Locke)