Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 20.07.2004

Bei Pilz-Affäre setzt die Staatsregierung auf Zeit

 
Dresden. Ende März ging alles noch ganz schnell: Kaum hatte der interne Ermittler aus dem Innenministerium seinen Bericht zu Unregelmäßigkeiten in der Landespolizeischule in Bautzen auf den Tisch gelegt, da zog Ressortchef Horst Rasch (CDU) Konsequenzen. Es liege eine "Vermischung dienstlicher und privater Belange" vor, sagte Rasch damals öffentlich, die Beweislast sei erdrückend. Dabei ging es um Untreue und Strafvereitelung im Amt, entsprechend gravierend waren die Folgen: Zwei leitende Beamte wurden versetzt, ein Polizeilehrer musste gehen.

Ganz anders ist das Vorgehen im zweiten Fall, der Sachsens Polizei nicht weniger belastet. Auch bei der Affäre um Landespolizeipräsident Eberhard Pilz geht es um den Vorwurf der Untreue, von Alkohol- bis Dienstwagenmissbrauch. Seit rund vier Monaten laufen die internen Ermittlungen, längst hat sich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Doch bis heute setzt die Staatsregierung auf Zeit, ist der Fall nicht abgeschlossen - kein Ergebnis, keine Konsequenzen.

Für die Opposition im Landtag ist das nicht hinnehmbar. "Von rascher Aufklärung kann keine Rede sein", meint Karl Nolle (SPD), "Rasch will den Fall offensichtlich verschleppen." Dabei messe die Staatsregierung "mit zweierlei Maß". Während es bei Pilz, dem Rasch-Vertrauten, auffällig lange dauere, gehe der Minister mit seinen Kritikern aus der Polizeischule weniger zimperlich um. Ähnlich sieht Steffen Tippach die Lage. Die lange Ermittlungszeit deute darauf hin, "dass das Ministerium etwas zu verbergen hat", meint der PDS-Innenpolitiker. Rasch handele offenbar nach der Devise: Erst die Wahl, dann die Fakten.

Für das Innenministerium gehören solche Vorwürfe ins Reich der Fabel. "Wir warten auf die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft", sagt Rasch-Sprecher Andreas Schumann, von Verschleppung könne keine Rede sein. Erst kürzlich habe die Staatsanwaltschaft weitere Unterlagen aus dem Ministerium angefordert, Fahrtenbücher zum Beispiel. Die Ergebnisse der Justizbehörden sollten in den Abschlussbericht einfließen, anschließend werde Rasch sich äußern.

Die Staatsanwaltschaft bestätigt diese Lesart. "Das ist kein Vorgang, der liegen bleibt", meint Sprecher Christian Avenarius, es werde zügig ermittelt. Mit Ergebnissen aber sei erst "in einigen Wochen" zu rechnen. Dennoch ist laut Avenarius klar: "Die Staatsanwaltschaft lässt sich nicht instrumentalisieren" - auch nicht von der Regierung.
(Jürgen Kochinke)