Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 23.07.2004
Zeit der Abrechnungen
Gemeinde Hartmannsdorf zahlt Flutgeld zurück / Prüfgruppe geht neuen Fällen nach
Der missbräuchliche Einsatz von Fluthilfegeldern in sächsischen Kommunen hat zu ersten Konsequenzen geführt. Die Gemeinde Hartmannsdorf im Zwickauer Land musste inzwischen rund 60 000 Euro zurückzahlen, teilte die Staatskanzlei gestern in Dresden mit.
Zuvor war bekannt geworden, dass mit den Hilfsgeldern unberechtigterweise der Privatweg am Haus der ehrenamtlichen Bürgermeisterin und CDU-Landtagsabgeordneten Kerstin Nicolaus zu einer drei Meter breiten Betonstraße ausgebaut worden war. Die Staatsanwaltschaft Zwickau ermittelt bereits wegen Betrug und Untreue.
Gleichzeitig gab die Sächsische Aufbaubank gestern auf Anfrage bekannt, dass sich auch in ihrem Verantwortungsbereich die Summe der zurückgeforderten Fluthilfegelder mittlerweile auf über 16 Millionen Euro erhöht hat. Bisher wurde in 17 Fällen Strafanzeige gestellt.
Experten rechnen damit, dass in den nächsten Wochen weitere Rückzahlungen fällig werden. Zuvor hatte der Landesrechnungshof in einem internen Prüfbericht gravierende Mängel in 32 Kommunen gerügt, die stichprobenartig kontrolliert worden waren. Seitdem ist eine neue Prüfgruppe im Einsatz, die bis Ende August erneut die Verwendung von Hilfsgeldern bei rund 500 Bauprojekten in vom Hochwasser betroffenen Orten überprüfen will.
Deutschneudorf: Rätsel um den Schwarzen Teich
Ins Visier der Kontrolleure ist dabei auch die Gemeinde Deutschneudorf im Erzgebirge geraten. Während der Flut wurde dort der „Schwarze Teich“ – ein Gewässer im Privatbesitz einer ortsansässigen Familie – schwer beschädigt. Der Damm war gebrochen und musste von Oktober 2002 bis August 2003 aufwendig repariert werden.
Die betroffene Familie, die an dem Teich eine eigene Schaumühle betreibt, verkaufte allerdings schon kurz nach Beginn der Bauarbeiten den Teich. Der ging nun plötzlich ins Eigentum der Gemeinde über. Diese beantragte über die Landestalsperrenverwaltung die Finanzierung des umfangreichen Bauprojekts und bekam später auch die notwendigen Gelder aus dem Fluthilfetopf genehmigt. Das Verfahren ist unter Experten umstritten, da bis heute keine der beteiligten Behörden definitiv bestätigen mag, dass die staatlichen Hilfsgelder auch geflossen wären, wenn der Teich im Privatbesitz verblieben wäre und die Schäden möglicherweise durch Versicherungsleistungen hätten abgedeckt werden müssen. Bürgermeister Heinz-Peter Haustein ist sich bisher keiner Schuld bewusst. „Wir haben gegenüber allen Ämtern nie einen Hehl aus diesem Verfahren gemacht. Und uns hat keiner gesagt, das geht nicht.“ Zudem sei die Gemeinde auf den Teich, an dem die Verkäuferfamilie inzwischen wieder ihre private Mühle betreibt, angewiesen – als Reservoir für Löschwasser. Wer andere Gründe hinter dem Deal vermute, der irre sich.
Die Stunde der Wahrheit wird in dem Fall Anfang August schlagen. Dann haben sich auch in Deutschneudorf die Kassenprüfer angesagt.
(Von Gunnar Saft)