Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16 20 Uhr, 17.08.2004

«Normaler Vorgang»

Über QMF-Hintergründe will auch ein zuständiger Referatsleiter im Wirtschaftsministerium nichts gewusst haben
 
Dresden (ddp-lsc). Der einst mit der Bewilligung der umstrittenen Millionenförderung für die Qualifizierungsgesellschaft QMF betraute Referatsleiter im Wirtschaftsministerium hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis über Unregelmäßigkeiten bei der umstrittenen Millionenförderung. Ob und in welchem Umfang bei QMF keine echte Qualifizierung oder Weiterbildung stattfand, sei ihm nicht bekannt, sagte der 55-jährige Erhard Kaufmann am Dienstag als Zeuge im Sachsenring-Untersuchungsausschuss des Landtags in Dresden.

QMF soll von 1999 bis 2003 staatliche Subventionen in Höhe von rund 21,25 Millionen Euro zu Unrecht erhalten haben, da die formal übernommenen Mitarbeiter anderer Firmen in ihren Betrieben unter der Bezeichnung «Praktikum» weiter beschäftigt blieben. Der Freistaat hat inzwischen Rückforderungen in Höhe von 25 Millionen Euro gestellt.

Kaufmann betonte, dass QMF Qualifizierungsmaßnahmen mit begleitenden Praktika beantragt habe und ihm auch keine Erkenntnisse vorlägen, dass im Widerspruch dazu ausschließlich gearbeitet worden sei. Der Beamte bestätigte aber, dass im Rahmen der Förderung Unterhaltsgelder an die bei QMF Beschäftigten gingen, die annähernd ihrem ursprünglichen Nettogehalt entsprachen. Die Höhe habe zwar über dem gelegen, was sonst bewilligt worden sei. Allerdings sei es darum gegangen, die «hochqualifizierten Personen» in Sachsen zu halten und nicht in den Westen abwandern zu lassen. QMF-Maßnahmen hatte es unter anderem für einstige Mitarbeiter des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) gegeben, dessen Verkauf an die Sachsenring AG Ende 1998 im Zusammenhang mit der QMF-Förderung steht.

Der im Dezember 2002 in eine andere Abteilung gewechselte Referatsleiter gab zudem zu Protokoll, bis heute nicht zu wissen, «wann und durch wen QMF gegründet wurde». Kaufmann räumte zugleich ein, QMF bei der Antragstellung Hinweise gegeben zu haben, «was förderfähig gewesen ist und was nicht». Im Unterschied zu früheren ihm zugeschriebenen Aussagen, wonach der Fall QMF für das Ministerium ein Projekt von besonderer arbeitsmarktpolitischer Bedeutung gewesen sei, sprach er nun von einem «normalen Vorgang».

Gegen Kaufmanns früheren Referatsleiter Hans Neufischer ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenso wie gegen Ex-Wirtschaftsstaatssekretärt Wolfgang Vehse. Dieser hatte in seiner Vernehmung Kaufmann als «Kronzeugen» der Staatsanwaltschaft bezeichnet. Vorhaltungen des Ausschusschefs André Hahn (PDS) legten indes den Schluss nahe, dass Kaufmann, der sich am Montag vor nahezu jeder Antwort mit seinem Anwalt beriet, bei der Innenrevision im Wirtschaftsministerium entschieden auskunftsfreudiger war als im Zeugenstand des Landtagsausschusses. Dort wird für den 25. August der frühere Finanzminister und heutige Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) erwartet.
(von Tino Moritz)

ddp/tmo/kfr
171620 Aug 04