Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 06.10.2004
CDU und SPD einig: Reformstau zügig beenden
Neue Einschnitte sind kein Tabu mehr / Haushalts-Poker
Nach außen setzten CDU-Chef Georg Milbradt und der SPD-Vorsitzende Thomas Jurk am späten Abend auf Harmonie. Die war nach der gestrigen zweiten Koalitionsrunde jedoch nur zum Teil berechtigt. Wichtigstes Verhandlungsergebnis: Die SPD will sich in den kommenden Jahren nicht gegen überfällige Reformen stemmen. Erste Bereiche für geplante Änderungen wurden erwähnt. Zum Beispiel die hohe Abwanderung und deren absehbare Folgen auf künftige Lehrerzahlen und Schulstandorte sowie auf die regionale Wirtschaftsförderung des Landes. Andere Konsequenzen wie eine noch straffere Verwaltungsreform blieben dagegen ungenannt.
Bei der künftigen Haushaltspolitik der neuen Koalitionsregierung reichte es dagegen zunächst nur zur Einigung auf die große Leitlinie, die man bis zum Jahr 2020 spannte. Durch solides Wirtschaften wolle man Sachsens Handlungsfähigkeit auch für jene Zeiten erhalten, wenn die Zuschüsse aus dem Solidarpakt komplett wegfallen, gelobten beide Verhandlungsführer fast wortgleich. Was dies konkret für den neuen Landesetat bedeutet, ist dagegen offenbar ein erster Streitpunkt. Milbradt erklärte zum Thema Neuverschuldung, die unterschiedlichen Positionen beider Parteien seien „allgemein bekannt“. Jurk wehrte sich prompt gegen den indirekten Vorwurf, die SPD plane über die finanziellen Verhältnisse des Landes hinaus. Man wisse genau, „wo die Grenzen liegen“, deutete er dennoch konkrete Wünsche an. Offen blieb die Frage nach einem erneuten Doppelhaushalt für die Jahre 2005 und 2006, nachdem die SPD vorab einzelne Jahresetats favorisiert hatte. Milbradt warnte gestern allerdings deutlich vor zu viel „Klein-Klein“.
Die Verhandlungen wurden nach einer Unterbrechung bis zum späten Abend fortgeführt. Am Freitag ist die dritte Runde zu Themen wie Landwirtschaft, Umwelt und Justiz geplant. Möglicherweise bekommt die Öffentlichkeit danach statt vieler taktischer Andeutungen erstmals auch konkrete Ergebnisse serviert.
Von Gunnar Saft