Karl Nolle, MdL

Agenturen ddp-lsc, 16:57 Uhr, 06.10.2004

Sozialisten wollen neues parlamentarisches Nachspiel

Fraktionen ziehen unterschiedliches Fazit aus Arbeit vom Sachsenring-Ausschuss
 
Dresden (ddp-lsc). Der Verkauf der Dresdner Chipfirma ZMD an den Zwickauer Automobilzulieferer Sachsenring Ende 1998 soll nach dem Willen der PDS-Opposition ein erneutes parlamentarisches Nachspiel haben. Die Sozialisten erwägen nach eigenen Angaben vom Mittwoch die Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses, da die umstrittene Millionenförderung des Weiterbildungsbetriebes QMF noch nicht vollständig aufgeklärt sei. Der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle kündigte an, seine Fraktion werde sich «an jeder Aufklärung» beteiligen, dies sei schließlich Aufgabe der Parlamentarier. Im Unterschied zu den beiden bisherigen Oppositionsparteien sieht die CDU die Vorwürfe von Sachsenring-Chef Ulf Rittinghaus, die zur Einsetzung des Sachsenring-Ausschusses geführt hatten, als «in keinem Punkt belegt und in maßgeblichen Teilen widerlegt» an.

Vor einem halben Jahr war bekannt geworden, dass QMF von 1999 bis 2003 wohl zu Unrecht staatliche Subventionen in Höhe von rund 21,25 Millionen Euro erhalten hat. Die Gründung von QMF stand offensichtlich im Zusammenhang mit dem ZMD-Verkauf an Sachsenring, der bereits seit Anfang 2003 Thema eines Landtagsuntersuchungsausschusses ist. Dessen Arbeit ist indes mit der Konstituierung des neuen Landtags in wenigen Tagen formal beendet.

Rittinghaus zufolge soll Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) ihm im Herbst 1998 einen Handel vorgeschlagen haben, demzufolge Sachsenring als Gegenleistung für einen um vier Millionen Mark erhöhten staatlichen Zuschuss beim ZMD-Kauf kurz vor der Landtagswahl 1999 die PR-Kampagne «Sachsen für Sachsen» mit drei Millionen Mark finanzierte. Schommer bestreitet dies.

CDU-Obmann Klaus Leroff sagte nun, die Vorwürfe von Rittinghaus seien vom Untersuchungsausschuss als «Unsinn» entlarvt worden. Zahlreiche Zeugen hätten die Behauptungen des Unternehmers zurückgewiesen und dessen Glaubwürdigkeit schwer erschüttert. Dem widersprachen die Ausschuss-Obmänner der Opposition, Klaus Tischendorf (PDS) und Karl Nolle (SPD). Tischendorf zufolge wurden die Vorwürfe von Rittinghaus «eindeutig bestätigt». Nolle betonte, es gebe weiteren Aufklärungsbedarf. Er betonte zugleich, dass die SPD-Fraktion - anders als die CDU dies bislang in Untersuchungsausschüssen praktiziert habe - auch weiterhin «nicht schweigen» werde.

Nach 14-jähriger CDU-Alleinregierung befindet sich die Union derzeit mit der SPD in Koalitionsverhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung. Nolle hatte vor etwa sechs Wochen bei der Staatsanwaltschaft in Dresden, bei der für EU-Betrugsfälle zuständigen Abteilung des Bundesfinanzministeriums und bei der

EU-Kommission in Brüssel unter anderem gegen den früheren Finanzminister und derzeitigen Regierungschef Georg Milbradt (CDU) Strafanzeige wegen schwerer Untreue und vorsätzlichen Beihilfebetrugs erstattet.

(Quellen: Tischendorf in Mitteilung und vor Journalisten in Dresden; Leroff in Mitteilung; Nolle auf Anfrage)
Von Tino Moritz

ddp/tmo/roy
061657 Okt 04