Karl Nolle, MdL

lvz-online, 09.01.2001

Kandidatur von Berghofer weiter offen

Krehl (SPD) und Porsch (PDS) stimmen überein: Ex-OB vorstellbar
 
DRESDEN. Die Frage nach einer möglichen Kandidatur Wolfgang Berghofers für das Amt des Oberbürgermeisters in Dresden ist weiter offen. Der frühere SED-OB hat nun erklärt, es müsse "sehr wohl abgewogen werden", ob er am 10. Juni gegen den
CDU-Amtsinhaber Herbert Wagner antrete. "Ich werde meine Entscheidung unabhängig von jedwedem taktischen Kalkül Dritter und frei von jeden zeitlichen Druck treffen", sagte der 57-jährige, parteilose Unternehmensberater.

Berghofer, der heute in Berlin tätig ist, sah sich zu der Erklärung durch die Rückzüge der designierten SPD- und PDS-Kandidaten genötigt. Karl Nolle, SPD-Landtagsabgeordneter, hatte in der vergangenen Woche erklärt, er wolle der Suche nach einem gemeinsamen Oppositionskandidaten nicht im Wege stehen.

Wenig später sagte auch die PDS-Bundestagsabgeordnete Christine Ostrowski, sie trete nicht an. Übereinstimmend hatten die Landesvorsitzenden von PDS, Peter Porsch, und SPD, Constanze Krehl, mitgeteilt, sie hielten Berghofer als parteiübergreifenden Kandidaten für "vorstellbar".

Die Dresdner SPD ist indes nach dem Nolle-Rückzug wieder auf der Suche nach einem Kandidaten. In der Partei sind die Vorbehalte gegen den früheren SED-Funktionär und verurteilten Wahlfälscher groß. Zudem sind von Berghofer bislang keine programmatischen Positionen bekannt. Die Sozialdemokraten können jedoch bereits auf eine Reihe von Absagen blicken, die sie sich bei ihrem Werben eingehandelt haben. Unter anderem gaben der frühere Kulturbürgermeister Jörg Stüdemann (parteilos), der ehemalige Hamburger Bürgermeister Henning Voscherau und der Leipziger Regierungspräsident Walter Christian Steinbach (beide SPD) den Dresdnern einen Korb.

Der Ostrowski-Flügel der Dresdner Sozialisten will dagegen Berghofer durch den eigenen Verzicht aus der Reserve locken. In PDS-Kreisen ist von "moralischem Druck" die Rede, mit dem der frühere Genosse gezwungen werden soll, Farbe zu bekennen. Berghofer hatte es jedoch stets abgelehnt, seine Kandidatur zu erklären, ehe die PDS einen eigenen Kandidaten aufgestellt hat - unter keinen Umständen will er den Eindruck bestärken, er mache mit der PDS gemeinsame Sache.

Berghofer, der laut Umfragen durchaus aussichtsreich wäre, will seine Kandidatur "rechtzeitig und eindeutig zur Kenntnis bringen", wenn er zur Überzeugung gelange, dass dies "zum Wohle Dresdens und seiner Bürger" geschehe.
(von Sven Siebert)