Karl Nolle, MdL
Agenturen dpa, 14:31 Uhr, 21.01.2005
Auf das Gedenken um die Zerstörung Dresdens fallen braune Schatten
Dresden (dpa/sn) - Am 13. Februar wird Dresden alljährlich von einem furchtbaren Kapitel seiner Geschichte eingeholt. Dann gedenkt die Stadt ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 und am folgenden Vormittag hatten britische und amerikanische Bomber das Zentrum der Barockstadt in Schutt und Asche gelegt. Schätzungsweise 35 000 Menschen starben. 60 Jahre nach dem Geschehen ist das Bedürfnis zum Erinnern und Trauern besonders groß. Die rechtsextreme NPD lässt dabei vier Monate nach ihrem Einzug in den sächsischen Landtag auf erschreckende Weise die Maske fallen. Das bleibt in Dresden nicht unwidersprochen und könnte nun sogar juristische Folgen haben.
Als der Landtag am Freitag auf NPD-Antrag über das Gedenken debattierte, überboten sich Fraktionschef Holger Apfel und sein Kollege Jürgen Gansel in braunen Tönen. Gansel trat als eine Art Kronzeuge für den «Bombenholocaust von Dresden» auf. «Mit dem heutigen Tag haben wir auch in diesem Parlament den politischen Kampf gegen die Schuldknechtschaft des deutschen Volkes und für die historische Wahrhaftigkeit aufgenommen», rief der 30-Jährige. Die NPD wolle die kommenden Jahre im Landtag nutzen, um «mächtige Schneisen in das Dickicht antideutscher Geschichtslügen zu schlagen». NPD- Fraktionschef Apfel blies in das gleiche Horn und war später erst durch Abschalten des Saalmikrofons zu bremsen.
Bereits zuvor hatte die NPD den Opfern des Nationalsozialismus demonstrativ die Ehre verweigert. Als sich die Abgeordneten zu einer Schweigeminute für die Opfer des Nazi-Regimes und des Zweiten Weltkrieges erhoben, zog die zwölfköpfige NPD-Fraktion demonstrativ aus. Für die Demokraten war das Maß damit voll. CDU-Fraktionschef Fritz Hähle sieht die Staatsanwaltschaft nun in der Pflicht, gegebenenfalls den Vorwurf der Volksverhetzung zu prüfen. Ähnlich äußerten sich die Grünen. Nach Ansicht von CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer haben die NPD-Leute ihre «wahre Fratze» gezeigt und sich als Nazis entlarvt.
Die Provokation der Rechtsextremen war offenkundig geplant. Auf der Besuchertribüne des Landtages hatten sich deutlich mehr Gesinnungsgenossen eingefunden als sonst. Als Alterspräsident Cornelius Weiss als Sprecher aller anderen Fraktionen ans Pult trat, kommentierte das ein Zuschauer mit den Worten «alter Jude». Der 71- Jährige forderte alle Demokraten auf, «mit aller Entschiedenheit jenen in den Arm zu fallen, die schon wieder nach der Brandfackel greifen».
Schon seit Jahren machen die Rechtsextremisten am 13. Februar in Dresden mobil und instrumentalieren den Gedenktag für ihre Zwecke. Diesmal wollen rund 5000 von ihnen aus ganz Deutschland anreisen. Das sorgt in der Stadt für Unruhe. Rund 200 Journalisten aus dem In- und Ausland haben sich angemeldet. Die Bilder von Neonazis dürften Dresden wieder einmal ungewollt Schlagzeilen bringen.
Von Jörg Schurig
dpa su yysn ba
211431 Jan 05