Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 29.01.2005
Flutgeld: Regierung taucht ab
Hochwasser 2002. Politik und Justiz tun sich schwer bei der Prüfung, ob auch alle Hilfsgelder korrekt verwendet worden sind.
Die Nachricht schlug einst ein wie eine Bombe. Nachdem der Sächsische Rechnungshof Anfang 2004 erstmals die korrekte Verwendung von Fluthilfegeldern geprüft hatte, zwang das die Dresdner Staatsregierung zu einem peinlichen Geständnis: Ja, es gebe eindeutige Missbrauchsfälle.
Allein das Ausmaß konnte lange niemand abschätzen. So hatten auch die Rechnungsprüfer nur eine Stichprobe gemacht. Sie kontrollierten lediglich 533 kommunale Wiederaufbauprojekte – vorrangig im Straßenbau. Sie wurden dennoch überraschend häufig fündig. Zwölf Landkreise und Kommunen wurden ausgemacht, die in 32 Fällen keinen korrekten Einsatz der Flutgelder belegen konnten. Die Regierung unter Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sah sich genötigt, eine Arbeitsgruppe mit der kompletten Prüfung aller kommunalen Flutprojekte zu beauftragen. Bis August 2004 sollten die Experten ihre Arbeit abgeschlossen haben.
Der Termin wurde nach SZ-Information auch weitgehend eingehalten. Die Ergebnisse der Prüfung bekam die Öffentlichkeit dagegen bis heute nicht zu sehen. Auf Nachfrage hieß es nur, es müssten noch Plausibilitätsprüfungen durchgeführt werden – inzwischen seit fünf Monaten. Erst als die SZ ankündigte, den Sachverhalt publik zu machen, klappte es besser. Gestern gab es plötzlich die ersten Details und ein paar Überraschungen: So sind von den 1 800 Wiederaufbauprojekten der Kommunen doch nicht alle, sondern nur 400 zusätzlich geprüft worden. Dabei soll es in zwölf Fällen Anlass für Tiefenprüfungen und finanzielle Rückforderungen geben. Details sollen aber nach Möglichkeit nie bekannt werden. „Eine Veröffentlichung des Abschlussberichts ist nicht geplant“, heißt es nun aus der Staatskanzlei.
Das ist nicht der einzige Fall, bei dem die Aufklärung stockt. Auf Nachfragen, ob und wie viel Geld die frühere Sozialministerin Christine Weber (CDU) inzwischen an Fluthilfe zurückgezahlt hat, gibt es bisher keine Antwort. Ebenso schwer tut sich die Justiz mit der CDU-Landtagsabgeordneten Kerstin Nicolaus. Die hat als ehrenamtliche Bürgermeisterin von Hartmannsdorf einen Privatweg an ihrem Haus sanieren lassen, der nie unter Wasser stand. Zudem gibt es Erklärungsbedarf zu anderen Aufbauprojekten im Ort in Millionenhöhe. Die Staatanwaltschaft ermittelt seit Monaten – ohne Ergebnis.
Ein ganz anderes Bild bietet dagegen die Sächsische Aufbaubank, die für die Prüfung von Unternehmen zuständig ist. Per Stichtag 27. Januar wurden dort über 38 000 Fälle geprüft. Ergebnis: 6 950 Rückforderungen in einer Gesamthöhe von 52,9 Millionen Euro. Dazu wurden bislang 43 Strafanzeigen gestellt. Es geht offenbar auch anders.
Von Gunnar Saft