Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 18.02.2005

NPD-Kontakte zur SSS - Hacker bringen Ermittler auf die Spur

 
Dresden. Als Anfang Dezember eine Razzia bei 25 Anhängern der verbotenen Neonazi-Gruppe "Skinheads Sächsische Schweiz" (SSS) bekannt wurde, war die Empörung bei den Rechtsextremen groß. Von "dreister Unverschämtheit" sprach der Parlamentarische Geschäftsführer der NPD-Landtagsfraktion, Uwe Leichsenring, die Justiz leide unter "Verfolgungswahn". Gleichzeitig drohte er, diese "Provokation" der Behörden werde ein "Nachspiel" haben.

Genau das könnte jetzt geschehen - allerdings anders, als vom NPD-Mann gewünscht. Denn mit der Aktion gegen die militante Neonazi-Szene ist auch die NPD-Fraktion im Landtag ins Visier der Ermittler geraten. Grund sind Hacker einer linksautonomen Gruppe namens "Katjusha", die sich heimlich in das per Passwort geschützte Internet-Forum des rechtsextremen "Heimatschutzes" gemogelt haben (DNN berichtete). Sie stießen dabei auf Brisantes: So behauptet ein anonymer Neonazi, der offensichtlich selbst durchsucht wurde, er habe belastendes Material versteckt. "Alle Daten ruhen nun sicher bei jemandem, der Immunität hat."

Das beschäftigt jetzt die Behörden. Laut Oberstaatsanwalt Andreas Feron besteht der Verdacht, "dass es sich dabei um einen NPD-Abgeordneten handeln könnte". Und hier fällt nicht zuletzt der Name Leichsenring. Zwar ist der Fahrlehrer aus Königstein bei Pirna als Abgeordneter vor Strafverfolgung geschützt. Sollte sich der Anfangsverdacht aber bestätigen, droht ihm die Aufhebung der Immunität. Mittlerweile ist auch die Staatsschutzabteilung beim Landeskriminalamt eingeschaltet.

Dabei sind Verbindungen zwischen Leichsenring und der SSS seit langem bekannt. Laut Verfassungsschutz hat der NPD-Mann mit dem biederen Aussehen schon früher von "meinen Freunden" von der SSS gesprochen. Seit dem Verbot der braunen Truppe 2001 hat sich die Lage aber verschärft. Selbst die Fortführung der SSS "in anderer Struktur oder unter anderem Namen" werde verfolgt, sagt Feron. So sei bereits gegen den "Rädelsführer" Thomas S. Anklage eingereicht worden.

Ins Zentrum der Ermittlungen aber rückt unterdessen ein anderer: der Neonazi Thomas Rackow. Der 26-Jährige aus dem Umkreis von Pirna ist nicht nur wegen Landfriedensbruchs und Körperverletzung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden, er ist laut Feron auch einer der 25 Neonazis, gegen die nach der SSS-Razzia ermittelt wird. Und auch hier gibt es Hinweise Richtung NPD-Fraktion. Grund: In dem geknackten Internet-Forum brüstet sich ein Rädelsführer, dass ihm ein Mitglied des Landtags einen Computer geschenkt habe. "Vieles deutet darauf hin", sagt Feron, "dass es Rackow ist."
Jürgen Kochinke