Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 21.02.2005
Freistaat erwägt Kauf von Paunsdorf-Büros
Umstrittenes Behördenzentrum am Stadtrand von Leipzig kostet 120 Millionen Euro - Die Alternative: Hohe Miete bis zum Jahr 2020
Leipzig/Dresden. Sachsens wohl umstrittenster Bürokomplex - das Behördenzentrum in Leipzig-Paunsdorf - geht möglicherweise zum Ende dieses Jahres in den Besitz des Freistaates über. Vertragsgemäß kann das Land zum 31. Dezember 2005 von seinem Ankaufsrecht Gebrauch machen. Im Haushaltsentwurf für 2005106 sind 140 Millionen Euro eingeplant worden. Für den Kauf der Immobilie müsste das 15fache der Jahresmiete, also rund 120 Millionen Euro, aufgebracht werden.
Die langfristige Anmietung des Objekts bis zum Jahr 2020 und der nach heutiger Marktlage völlig überzogene Quadratmeterpreis von 11,76 Euro waren Teil der Kritik des Landesrechnungshofes. Die PDS Fraktion hatte mit Unterstützung der SPD einen Untersuchungsausschuss eingesetzt. Während die CDU keinen finanziellen Nachteil für das Land Sachsen erkennen wollte, errechnete die PDS einen Gesamtschaden von rund 140 Millionen Euro.
Nahezu vier Jahre hatte den Untersuchungsausschuss die Frage beschäftigt, ob der damalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) seinen Freund Heinz Barth, den Investor des Paunsdorf Centers, begünstigt hatte. Der Kölner Unternehmer profitierte zweifellos von der Anmietung seiner Büroflächen durch Polizeibehörden, Staatsarchiv und Landesrechnungshof. Vergeblich hatten sich diese Ämter gegen die Umsiedlung in das am Stadtrand gelegene Büro-Zentrum gewehrt. Auch der Versuch des damaligen Finanzministers Georg Milbradt (CDU), vertragliche Nachteile zu korrigieren, scheiterte. So wurden Nebenflächen wie Flure, Toiletten und Treppenaufgänge zum Quadratmeter-Preis von Büroflächen angemietet.
Rund 8,5 Millionen Euro Jahresmiete sind vertragsgemäß für die 50.000 Quadratmeter Bürofläche fällig. Warner sagen, ein Kauf mache nur dann Sinn, wenn der Investor zu Kompromissen bereit sei. So traut der SPD-Abgeordnete Karl Nolle dem Finanzministerium keine Wirtschaftlichkeitsberechnung zu. Dies solle dem Rechnungshof mit seinen intimen Kenntnissen als Nutzer des Objekts überlassen werden. Und noch eine Konsequenz fordert Nolle nach den bitteren Lehren aus Paunsdorf: „Bei einem Ankauf soll der Haushaltsausschuss des Landtages einbezogen werden."
Von Hubert Kemper