Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 10.03.2005

Nolle störte den Koalitionsfrieden

SPD-Wirtschaftssprecher konterte Milbradts Regierungserklärung zur Sachsen LB - junger PDS-Mann verblüffte
 
Dresden. Karl Nolle feierte gestern den 6o. Geburtstag. Doch der Sekt, den der „Chefaufklärer" am frühen Nachmittag spendierte, schmeckte einigen Genossen schal. Gradlinig und provokant wie immer hatte der SPD-Mann die Regierungserklärung von Ministerpräsident Georg Milbradt „zerlegt". Die Aufregung im Koalitionslager war groß. CDU Fraktionschef Fritz Hähle eilte auf die Regierungsbank, die Gesichter von Milbradt und seinem SPD-Partner Thomas Jurk sprachen Bände.

Dabei hatte Milbradt mit seiner ersten öffentlichen Erklärung zur Sachsen-LB-Affäre auch im eigenen Lager kaum Beifall ausgelöst. Die gegen Bankmanager erhobenen Vorwürfe hätten der öffentlichen Darstellung des Instituts geschadet und die Lösung der Zukunftsfragen nicht erleichtert. Über die Personalquerelen, die im Zentrum der Kritik standen, ging Milbradt schnell hinweg. Der Verdacht, dass innerhalb der Bank eine aktienrechtliche Pflichtmitteilung vordatiert worden sei, müsse von der Justiz geklärt werden. Er werde sich selbst weiterhin nicht an der öffentlichen Auseinandersetzung über mögliche Vergehen und Verfehlungen der inzwischen abberufenen Vorstände beteiligen. Umso deutlicher betonte Milbradt den Wert der Landesbank und deren wirtschaftlichen Erfolg.

Widerspruch konnte er hier nicht erwarten. Bei der Verteidigung von Engagements der Immobilien-Tochter Real und deren Risikoabsicherung wollte ihm allerdings Nolle nicht folgen. Er sprach von einem Schaden für die Eigentümer der Sachsen LB von 43 Millionen Euro. Von einem Vergleich mit der Milliardenpleite im Stile der Berliner Bank distanzierte sich der SPD-Wirtschaftssprecher. Doch habe die Bank nur mit „Wahrheit und Klarheit" eine Chance.

Für Verblüffen im Landtag sorgte die Rede des PDS-Jungabgeordneten Christian Scheel. „Die sächsische Finanzverbundlösung ist Ihr Kind", hielt der 27-jährige Leipziger Milbradt vor. Bei der Verteidigung dieses Kindes stehe er mittlerweile allein. „Sie stehen weitestgehend allein in der Frage", fuhr er fort, „ob Sie Manager bis zum Letzten verteidigen, die durch ihr Verhalten und ihre Politik der Bank und damit dem Freistaat Schaden zufügen." Das Interesse Sachsens müsse über persönlichen Interessen stehen.

Erstaunen auch bei Milbradt, als Scheel aus einem von ihm mit verfassten Buch zitierte und damit die Frage verband, ob der überteuerte Immobilienkauf bei Real zu der beschriebenen Wichtigkeit persönlicher Kontakte zähle. Auch der PDS Mann hielt Milbradt sein Festhalten an Weiss und dessen Lebensgefährtin Andrea Braun vor. Und er äußerte seine Verwunderung, warum Ex Justiz- und Finanzminister Thomas de Maiziere die Sonderermittler der Anti-Korruptionseinheit Ines nicht auf die Sachsen LB angesetzt habe.

Das Krisenmanagement der Entscheidungsgremien sei miserabel, schloss sich Grünen-Sprecherin Antje Hermenau an. Die Lösung des Problems der Sachsen LB, die ein übermäßig ehrgeiziger Finanzminister Milbradt durchgesetzt habe, erfordere eine gemeinsame Kraftanstrengung.

„Du machst es uns nicht leicht", zeigte sich SPD-Fraktionschef Weiss beim Geburtstagsempfang für seinen Freund und Koalitionsrisiko Nolle wieder versöhnlich. „Du bist ein Glück für die sächsische SPD." Worauf CDU-Eggert einwarf: „Viel Glück habt ihr noch nicht gehabt."
Von Hubert Kemper