Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 14.03.2005
„Die sächsische Identität hat die Union stark gemacht"
Der CDU-Landtagsabgeordnete Günther Schneider über die Führungsprobleme in der Partei
Dresden. Über die Frage einer Ämtertrennung müsse Georg Milbradt, der Ministerpräsident und Landesvorsitzende der CDU selbst entscheiden. „Die Aufgabe des Landesvorsitzes gegen seinen Willen wäre schädlich", meint Günther Schneider, Vorsitzender des Kreisverbandes Mittleres Erzgebirge diplomatisch. Der Jurist und Hochschullehrer ist seit September im Landtag vertreten und leitet den Ausschuss für Verfassung, Recht und Europa. Vor der dritten Regionalkonferenz der CDU morgen in Burkhardtsdorf sprach Hubert Kemper mit Schneider über die Führungsprobleme in der sächsischen CDU.
Freie Presse: Die sächsische CDU leckt nach dem verlorenen Landtagswahlkampf immer noch ihre Wunden. Wie findet sie zu alter Stärke zurück?
Schneider: Indem sie sich, wie es in unserem Thesenpapier heißt, als konservative, wertorientierte und patriotische Volkspartei neu profiliert. Die sächsische Identität hat die Union stark gemacht. Darauf lässt sich aufbauen.
Freie Presse: Das klingt eher nach Pathos als nach Inhalt.
Schneider: Unsere inhaltlichen Schwerpunkte wie die Familienpolitik und die Betonung des ländlichen Raumes müssen wieder stärker hervorgehoben werden. Sie wurden im letzten Landtagswahlkampf von anderen Themen überlagert.
Freie Presse: Was ist da schief gelaufen?
Schneider: Der Wahlkampf war zurecht auf den Spitzenkandidaten zugeschnitten. Aber auch Georg Milbradt konnte sich nicht aus dem Strudel der Hartz-IV-Debatte befreien. Beim nächsten Mal sollten verstärkt landespolitische Themen in den Vordergrund rücken. Dazu gehört unser Eintreten für eine Politik, die auch unsere Identifikation mit dem ländlichen Raum betont und die die Familie wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellt.
Freie Presse: Ihre Kritik am umstrittenen Landesvorsitzenden klingt gedämpft Sollte er sein Amt behalten?
Schneider: Diese Frage muss der Landesvorsitzende selbst entscheiden. Die Aufgabe des Landesvorsitzes gegen seinen Willen wäre auch für uns als Partei schädlich.
Freie Presse: Milbradt argumentiert mit dem Verlust an Autorität als Ministerpräsident, würde er als Parteichefzurücktreten.
Schneider: Das muss nicht so sein. Die SPD ist als kleiner Koalitionspartner auf die CDU angewiesen, deren Ministerpräsident die Richtlinienkompetenz besitzt.
Freie Presse: Gegenkandidaten müssen ihr vorläufiges politisches Aus befürchten. Stimmt das?
Schneider: Mut und Gelassenheit haben nur selten Karrieren beendet. Im Übrigen stellt sich diese Frage jetzt nicht. Wir müssen uns so schnell wie möglich wieder auf Sachthemen konzentrieren.
Freie Presse: Was kann der Ministerpräsident leisten, um den negativen Trend umzukehren?
Schneider: Das Wichtigste ist Offenheit. Das gilt auch unter dem Eindruck der Debatte um die Sachsen LB.
Freie Presse: Hat Milbradt nicht viel zu lange mit personellen Maßnahmen gezaudert?
Schneider: Politische Schadenbegrenzung zeichnet sich durch schnelles Handeln aus.
Freie Presse: Was erwarten Sie von einem Untersuchungsausschuss?
Schneider: Der Ausschuss wird wohl kommen. Er wird zeigen, dass wir als Sächsische Union gerade auch in schwierigen Zeiten offen und verantwortungsvoll arbeiten. PDS und FDP suchen die Profilierung durch Populismus. Das ist bei der PDS schon einige Male ins Auge gegangen, hat aber nicht die Lernfähigkeit gefördert.