Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 11.07.2005
Linkspartei sucht Trost in „ehrlicher Wahl"
PDS wechselt fast emotionslos ihren Parteinamen und kämpft leidenschaftlich um Mandate - Sieg für Powerfrau aus dem Erzgebirge
Dresden. Markige Worte sollten die Furcht vor der, eigenen Courage überspielen. "Die Linkspartei", rief Cornelia Ernst ihren Genossen zu, „ist eine Kampfansage." Doch aufwändige Überzeugungsarbeit musste die Landesvorsitzende der PDS bei den 153 Delegierten nicht leisten. Bis auf Günter Kolbusa, einem Stadtrat aus Borna, folgte der Parteitag dem Vorschlag zur Namenumbenennung „Die Linkspartei. PDS Landesverband Sachsen". Der mit 15.000 Mitgliedern stärkste Landesverband machte damit den Weg frei zur angestrebten gesamtdeutschen Linkspartei, die innerhalb der beiden nächsten Jahren gebildet werden soll. Wirksam wird die Satzungsänderung mit dem neuen Namen erst, wenn der Bundesparteitag am Sonntag zustimmt.
Die Umbenennung war nur eine, wenn auch mit Selbstzweifeln begleitete Formsache. Zur Marathon Aufgabe entwickelte sich die Aufstellung der Delegiertenliste für die mögliche Bundestagswahl. Die Bewerberschar umfasste 63 Kandidaten, die um 30 Plätze rangelten. Das Umfrage-Hoch des Gysi-Lafontaine Bündnisses hatte katapultartig Hoffnungen auf eine Karriere in Berlin befördert.
Peter Sodann, der lieber Schauspieler bleiben wollte und die PDS mit seiner Absage an eine Spitzenkandidatur in die Konfusion gestürzt hatte, spielte nur am Rande eine Rolle. „Wäre er professioneller vorbereitet worden, hätte er uns diese Panne ersparen können", kritisierte der Landtagsabgeordnete. Ronald Weckesser das Buhlen um Prominente. Wolfgang Methling, stellvertretender Ministerpräsident aus Schwerin, hatte als Gastredner bereits die Kurve zur neuen Nummer eins genommen. „Es ist ehrlicher", meinte er wortspielend, "Katja Kipping zu nominieren." Kräftige Aufmunterung für den Sodann-Ersatz sprach auch Cornelia Einst aus.
Kipping sei eine Frau, die „dominanten, männlichen Häuptern, wie Gysi und Lafontaine, das Wasser reichen kann" Mit 217 von 239 Stimmen fuhr die 27-Jährige ein stolzes Ergebnis ein. Als gutes Signal feierte Ernst das Angebot der PDS, ihre Liste auch für Vertreter der WASG zu öffnen. Aufnahme unter den ersten zehn fand allerdings nur Axel Troost, den der Landesvorstand auf Platz 2 gesetzt hatte. Der Volkswirt aus Bremen hatte von Beginn an auf die Bündnis-Karte gesetzt, im Gegensatz zu den WASG-Aktivisten aus Sachsen. Die bunte Vertretung ging leer und entsprechend enttäuscht aus dem Rennen um die lukrativen ersten Ränge.
Dem Vorschlag des Vorstandes folgten die Delegierten auch mit der Wahl von Sabine Zimmermann. Die DGB-Regionalvorsitzende Vogtland-Zwickau war erst vor wenigen Tagen aus der SPD ausgetreten. Weniger folgsam waren sie bei der Wahl von Jörn Wunderlich. Der Familienrichter aus Hohenstein-Ernstthal distanzierte Heiko Hilker, den Medienexperten der Landtagsfraktion, mit 193 gegen 44 Stimmen glatt. Dabei hatte Hilker am Vorabend dem Landesvorstand „Ja" zur Kandidatur und zum Eintritt in die Partei gesagt.
Als Signal an ein breites linkes Bündnis wertet die PDS die Wahl von Monika Knoche auf Listenplatz 7. Die Mitbegründerin der Grünen, die erst kürzlich die Partei verlassen hatte, will ihre Erfahrung aus der Gesundheitspolitik einbringen. Das kann auch Silke Teubner. Die Krankenschwester aus Schwarzenberg verblüffte mit ihrem Ergebnis gegen die für Platz 9 favorisierte Caren Lay. In der Kampfabstimmung zwischen der westdeutschen Karrierepolitikerin Lay, die in der Landtagsfraktion stellvertretende Vorsitzende ist, und der ostdeutschen Powerfrau, die ihr musikalisches Talent als Bandchefin von „Silke und die Hurensöhne" entfaltet, setzte sich Teubner durch.
Die ersten Listenplätze
1. Katja Kipping (Dresden), 2. Axel Troost (Bremen), 3. Sabine Zimmermann (Zwickau), 4. Jörn Wunderlich (Hohenstein-Ernstthal), 5. Barbara Höll (Leipzig).
Von Hubert Kemper