Karl Nolle, MdL

DIE WELT, 04.08.2005

Sachsens Finanzminister kämpft ums Überleben

Milbradt Vertrauter Horst Metz wird der Lüge bezichtigt - Untersuchungsausschuß startet heute
 
Dresden - In der Affäre um die sächsische Landesbank kämpft Finanzminister Horst Metz (CDU) um sein politisches Überleben. Ausgerechnet im Bundestagswahlkampf muß der Vertraute von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) heute im Untersuchungsausschuß des Dresdner Landtags zu delikaten Details einer Schadenersatzklage Auskunft geben. Die Opposition wirft Metz vor, im Zusammenhang mit der SachsenLB das Parlament zu belügen, und fordert seinen Rücktritt.

Die Geschichte, die in einer Sondersitzung inmitten der Sommerpause verhandelt wird, liest sich dabei wie der Stoff zu einer Seifenoper: Sie handelt von einer nächtlichen Herrenrunde auf einem Dresdner Presseball Mitte April, von Cocktails und verärgerten Ehefrauen. Dreh- und Angelpunkt des Streits ist eine Schadenersatzklage der Tutzinger Industrie- und Immobilienleasing GmbH IIL von Ludwig Hausbacher gegen die Landesbank.

Gemeinsam hatten SachsenLB und IIL vor fünf Jahren die Tochter Mitteldeutsche Leasing (MDL)gegründet. Angesichts der desolaten Lage der Gesellschaft sind die einstigen Partner längst heillos zerstritten. Hausbachers 11L, die die Presse fortgesetzt über skandalöse Vorgänge in dem Kreditinstitut unterrichtete und damit indirekt zur Einsetzung des Unterausschusses beitrug, fordert nun 140,5 Millionen Euro Schadenersatz.

Auf dem Pressefest trafen Hausbachers Intimus Andreas Waldow - ein Schwiegersohn von Milbradts Widersacher Kurt Biedenkopf - und Minister Metz aufeinander. Laut Waldow begegneten sie sich um zwei Uhr in der Nacht an der Hotelbar und zogen sich bei kubanischen Zigarren und Cuba Libre bis in die frühen Morgenstunden «zurück, um über die Ansprüche der IIL zu reden. Daß dabei ernsthaft verhandelt wurde, illustriert Waldow mit privaten Details: Metz und er hätten in Kauf genommen, daß die Ehefrauen allein und verärgert nach Hause fuhren.

In dieser Atmosphäre soll der Finanzminister ein heikles Angebot unterbreitet haben. Waldow, zufolge bot er bis zu 35 Millionen Euro an, um die Landesbank aus den Schlagzeilen zu bringen und die drohende Einsetzung des Untersuchungsausschusses abzuwenden. Öffentlich hatte Metz stets versichert, die Ansprüche der UL seien haltlos. Habe doch der Rechnungshof den Wert der MDL auf höchstens 5,4 Millionen Euro taxiert.

Milbradt-Gefolgsmann Metz, qua Amt auch Verwaltungsratschef der Landesbank, bestreitet die Darstellung der IILSeite. „Es hat von mir kein Verhandlungsangebot von 35 Millionen Euro gegenüber Herrn Hausbacher oder gegenüber anderen Personen gegeben. Anderslautende Behauptungen sind falsch."

Allerdings folgte der kubanischen Nacht drei Tage später ein Termin bei einem vertrauten Notar von Metz. Auch jener Notar, der schon in der Nacht anwesend war und eine strittige eidesstattliche Erklärung abgegeben hat, sowie Waldow sollen jetzt vor dem Ausschuß berichten. Eine der beiden Seiten sagt wohl die Unwahrheit. Bleibt jeder bei seiner Lesart, will die PDS eine Gegenüberstellung der Kontrahenten durchsetzen.

SPD-Obmann Karl. Nolle, selbst Mitglied der Großen Koalition in Dresden, ist besorgt: „Herr Metz hat sich bisher im Parlament und im Haushaltsausschuß - auch zum Unmut eigener Parteifreunde - sehr schwer damit getan, belastbare und nicht beschönigende Antworten zu den Problemen der “SachsenLB zu geben."

Die Opposition wird deutlicher - sie wirft Metz unumwunden vor, beim Thema Landesbank das Parlament und die Öffentlichkeit ungenau, lückenhaft und wahrheitswidrig unterrichtet zu haben.. „Es steht der Eindruck im. Raum, daß Metz mehrfach mit gezinkten Karten gespielt hat", sagt der PDS-Obmann Klaus Tischendorf. Er rechnet damit, daß. Milbradt bald Metz opfert, um größeren Schaden abzuwenden.
von Sven Heitkamp