Karl Nolle, MdL
Dresdner Blättl, Zeitung der PDS Dresden 2/01, 02.02.2001
Bündnisverhandlungen der Dresdner Opposition über ein gemeinsames Vorgehen
PDS will erst Chancen von Roßberg ermitteln
DRESDEN. Seit mehreren Wochen verhandeln Delegationen von PDS, SPD, Grünen und der Bürgerinitiative "OB für Dresden" über ein gemeinsames Vorgehen bei der Oberbürgermeisterwahl. Diese Verhandlungen wurden wieder möglich, nachdem der designierte SPD-Kandidat Karl Nolle Anfang des Jahres seinen Rückzug von der Kandidatur erklärte.
Presseberichten der vergangenen Tage war zu entnehmen, dass einer der in der Diskussion befindlichen Namen der von Ingolf Roßberg ist, von 1990- '94 FDP-Stadtentwicklungsdezernent in Dresden. Seit mehreren Monaten ist er in gleicher Funktion in Wuppertal tätig. In den vergangenen Jahren, insbesondere in seiner Zeit als Stadtrat von 1994-'99 gab es zwischen ihm und der PDS-Fraktion in etlichen Punkten Übereinstimmung: bei der Eigenbetriebsbildung der Krankenhäuser, bei der Ansiedlung des VW-Werkes am Straßburger Platz oder bei der Auseinandersetzung über den Ausbau der Königsbrücker Straße. Offen kritisierte er die FDP-Stadträte in der laufenden Wahlperiode für ihren Antrag, das Quorum für Bürgerbegehren von 5 auf 15% zu erhöhen.
Nichtsdestotrotz ist Herr Roßberg Mitglied einer Partei, die im Dresdner Stadtrat in allen wichtigen Fragen eine völlig entgegengesetzte Politik zu der der PDS betreibt. Das mindeste, was von ihm zu verlangen ist, wäre aus Sicht der PDS also eine deutliche Distanzierung von der Politik der FDP in Dresden und von der Koalition, der sie zur Mehrheit verhilft. Ein entsprechendes Eckpunktepapier wird derzeit von den Oppositionsparteien und der Bürgerinitiative vorbereitet.
Die PDS hat darüber hinaus stets erklärt, sie würde auf der Oppositionsseite denjenigen Kandidaten unterstützen, der die besten Chancen auf einen Sieg hat. Klar ist, dass sich die Chancen eines jeden Kandidaten erhöhen, wenn er von der gesamten Opposition unterstützt wird. Ebenso klar ist aber auch, dass die Unterstützung durch drei Parteien noch lange nicht die Addierung ihrer Wählerstimmen zur Folge hat. Ein zum Nachdenken anregendes Beispiel dafür erlebten wir in Meißen, als die PDS den SPD-Landratskandidaten unterstützte und dieser am Ende weniger Stimmen gewann, als beide Parteien allein zu erreichen in der Lage sind. Bündnisse sind also kein Selbstzweck, sondern machen nur Sinn, wenn sie tatsächlich zu einem deutlich besseren Ergebnis führen als es für alle Beteiligten im Alleingang möglich wäre. Die Chancen eines möglichen Oppositionskandidaten Roßberg wären also in jedem Fall zu ermitteln, bevor sich die PDS auf seine Unterstützung festlegt.
(von Michael Schrader, PDS-Stadtvorsitzender, michael.schrader@dresdnerblaettl.de)