Karl Nolle, MdL
Freie Presse Chemnitz, 30.08.2005
Die Schnüffler - Sachsen erlebt einen neuen Angriff auf die Pressefreiheit
Kommentar von Dieter Soika
Müll ist ein Milliarden-Markt Und viele dieser Müll-Geschäfte stinken, wie der Abfall selber, zum, Himmel.
Im bundesweiten Müll-Kreislauf nimmt eine Firma eine ganz besondere Stellung ein. Das Duale System Deutschland (DSD), besser bekannt als „Grüner Punkt", kümmert sich um die Verwertung alter Verpackungen. Aber es leistet sich auf Kosten der Verbraucher noch mehr Beim DSD werden nämlich gerne ausgemusterte Politiker zurück an sprudelnde Finanzquellen geführt. So beispielsweise geschehen mit dem in Frankfurt abgewählten hessischen CDU-Politiker Wolfram Brück Er brachte es beim DSD danach sogar bis zum Vorsitzenden des Vorstandes.
Schönes Müllgeschäft: 644.000 Euro Honorar für den Parteifreund
Wer, wie Brück, vom Wähler in die Wüste geschickt worden ist, kann sich natürlich bestens in die Seelenlage anderer Polit-Frühpensionäre versetzen. Deshalb hat auch ein Vorgang kaum überrascht, der vor einigen Monaten in diesem Zusammenhang in Sachsen bekannt wurde. Brück hatte für den „Grünen Punkt` einen „Beratervertrag mit dem ehemaligen sächsischen Wirtschaftsminister Kajo Schommer geschlossen. Brück zahlte seinem Parteifreund Schommer für ein Jahr „Beratertätigkeit" satte 600.00o Euro.
Nun fragt sich natürlich jeder vernünftige Mensch: Was kann ein Ex-Minister - seine kostbaren Sprechblasen einmal nicht berücksichtigt - für 6oo.ooo Euro Honorar eigentlich an Gegenleistung erbringen? Die Antwort ist so einfach wie der ganze Vorgang durchsichtig ist: Natürlich nichts.
Das sagte sich auch die Antikorruptionseinheit Ines, die es seit gut zwei Jahren in Sachsen gibt, und sie hat deshalb Ermittlungen gegen Schommer begonnen. Übrigens parallel zu anderen Anti-Korruptionsexperten in anderen Bundesländern, die sich mit Brück und dessen Umfeld beschäftigen.
Nun wartet die Öffentlichkeit in Sachsen seit geraumer Zeit gespannt auf Ermittlungsergebnisse. Die bleiben aber aus. Stattdessen werden plötzlich Vorwürfe gegen Ines laut. Es ist die Rede von Ermittlungen gegen die Ermittler, und einer wird gar strafversetzt. Schließlich kommt es ganz toll. Es wird ruchbar, dass eine Zeitung in Dresden von der Staatsanwaltschaft Chemnitz systematisch ausgeforscht worden ist. Die Schnüffelaktion sollte dazu dienen, die Kontakte der Journalisten zu ihren Informanten auszukundschaften. Gewissen politischen Kreisen passt es offenbar nicht, dass die Öffentlichkeit in Sachsen regelmäßig über seltsame „Geschäfte" der politischen Klasse unterrichtet wird. Ines wird deshalb an die ganz kurze Leine genommen, und die recherchierenden Redaktionen und ihre Informanten sollen mit der Bespitzelung eingeschüchtert und, mundtot gemacht werden.
Das alles stellt einen schlimmen Angriff auf die Pressefreiheit dar. Und leider ist dieser in Sachsen nicht der erste und nicht der einzige. So wurden etwa 1999 in Dresden Redaktionsräume durchsucht, weil man auch damals den Namen eines Informanten erfahren wollte. Seinerzeit entschuldigte sich der Justizminister für das unverantwortliche Treiben der Staatsanwaltschaft und eine Strafkammer des Dresdener Landgerichts, von der betroffenen Zeitung zu Hilfe gerufen, verurteile deren „schweren Grundrechtseingriff`.
Der Schutz der Informanten gehört zum Kern der Informationsfreiheit Eine freie Presse kann ihre Kontrollaufgabe ohne diesen Schutz und ihr Zeugnisverweigerungsrecht nicht erfüllen, hat das Bundesverfassungsgericht in zahlreichen Urteilen festgeschrieben.
Journalisten zu überwachen, sie abzuhören, auszuspionieren und unter Druck zu setzen, das sind heutzutage leider keine Vorgänge, die auf totalitäre Systeme beschränkt wären. In den USA sitzt eine Reporterin der „New York Times", Judith Miller, seit Wochen in Beugehaft Sie weigert sich standhaft zu verraten, von wem sie Informationen über Geheimdienstaktionen der Bush-Regierung erhalten hat. Die Pulitzer-Preisträgerin ist nicht nur eine fabelhafte Journalistin, sondern vor allem eine ganz starke Frau. Wenn Judith Miller der mächtigsten Regierung der Welt die Stirn bieten kann, dann werden sich die Journalisten in Sachsen doch wohl nicht von einigen Provinzgrößen hierzulande beeindrucken lassen.