Karl Nolle, MdL

Neues Deutschland ND, 31.08.2005

Schnüffelattacke gegen Journalisten -Sachsens Justizminister unter Druck

Die sächsische Justiz soll einen Staatsanwalt und einen Journalisten massiv ausgespäht haben. Das bringt den Justizminister in Bedrängnis.
 
Im Schlafanzug fotografiert zu werden, ist für einen Ex-Minister nicht erbaulich. Ob das aber eine Schnüffelattacke rechtfertigt, ist zu bezweifeln. Dennoch hat die Staatsanwaltschaft Chemnitz dienstliche und private Telefondaten, Anruflisten und Bankdaten eines früheren Mitarbeiters der Antikorruptionseinheit INES sowie eines Reporters einer Dresdner Boulevardzeitung durchleuchtet. Das Justizministerium war von diesem Vorgehen informiert. Ressortchef Geert Mackenroth (CDU) sieht sich harter Kritik ausgesetzt.

Auslöser der Affäre war eine Hausdurchsuchung bei Kajo Schommer, Ex-Wirtschaftsminister und Parteifreund Mackenroths, die Ende Mai von INES veranlasst wurde. Eine »undichte Stelle« hatte dafür gesorgt, dass ein Foto in der Zeitung erscheinen konnte. Danach gab es von Seiten der CDU erbitterte Kritik an der Einheit, die einst als Aushängeschild der sächsischen Justiz gegolten hatte, nun aber der »politischen Hexenjagd« bezichtigt wurde. Der mit den Ermittlungen gegen Schommer befasste Staatsanwalt wurde gegen seinen Willen versetzt; die Staatsanwaltschaft Chemnitz ermittelt wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen und Strafvereitelung im Amt.

Mit der Erhebung von Telefon und Bankdaten, üblich nur bei schweren Verbrechen, sowie mit der Bespitzelung eines Journalisten seien die Behörden aber weit übers Ziel hinaus geschossen, heißt es nun in Dresden. Zwar bestreitet Mackenroth einen »Lauschangriff« und ungerechtfertigte »Bespitzelung«. Doch Journalistenvertretungen werfen dem Ministerium einen »völlig unverhältnismäßigen Eingriff in die Schutzrechte der Medien« vor.

Ähnlich urteilt die Politik. Peter Porsch, Fraktionschef der Linkspartei. PDS , sieht einen »Anschlag auf die Pressefreiheit« und zieht eine Sondersitzung des Landtags in Erwägung. Auch die Bündnisgrünen, die von »Schnüffelwahn« sprechen, und die FDP verlangen umgehende Aufklärung der Hintergründe. Und Karl Nolle, Landtagsabgeordneter des CDU Koalitionspartners SPD, erklärt, die Überwachung von Telefon und Konten dürfe »15 Jahre nach der Wende nicht wieder zum Instrument politisch gewollter Einschüchterung werden«.
Von Hendrik Lasch, Dresden