Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 06.09.2005
Schnüffel-Affäre: Die SPD rudert zurück
Justiz. Das umstrittene Vorgehen gegen einen Staatsanwalt und einen Journalisten wird morgen den Landtag beschäftigen.
„Eine Geste des guten Willens, so etwas wie eine Entschuldigung, das erwarte ich schon.“ SPD-Fraktionschef Cornelius Weiss bleibt auch kurz vor der morgigen Sondersitzung des Landtags zur Schnüffel-Affäre hartnäckig bei seiner Forderung. Doch ansonsten scheint die anfängliche Empörung beim kleinen Koalitionspartner SPD über die in Deutschland juristisch umstrittene Telefondaten-Abfrage mittlerweile der Regierungsräson gewichen. „Formal juristisch war das Ganze in Ordnung“, sagte Weiss gestern. Eine „unglückliche Verquickung von Zufälligkeiten oder Nachlässigkeiten – Kleinigkeiten, die sich dann potenziert haben.“
PDS und CDU/SPD hatten in Anträgen darauf gedrängt, die Vorgänge im Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren gegen INES-Fahnder Andreas Ball näher aufzuklären. Auch FDP und Grüne kritisierten den Vorstoß gegen die Pressefreiheit und zudem das Vorgehen gegen Ball, der verdächtigt wird, den Termin einer Durchsuchung bei Ex-Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) an einen Reporter der „Morgenpost“ gegeben zu haben. Daraufhin wurden sowohl Balls Telefon-Kontakte wie auch die des Journalisten registriert. Das gesamte Kabinett billigte rückwirkend das harte Vorgehen der sächsischen Justiz und gab Ressortchef Geert Mackenroth (CDU) politisch Rückendeckung.
„Wir werden allerdings darauf drängen, dass dies ein einmaliger Vorgang bleibt“, so Weiss. Wie und auf welcher Grundlage, das ist jedoch völlig unklar. Denn juristisch, so bekräftigte CDU-Rechtsexperte Marko Schiemann, seien die Abfragen zulässig. Und auch im Justizministerium ist von einer möglichen Initiative Sachsens zur Abänderung der ohnehin 2007 auslaufenden Regelung zur Telefondaten-Abfragen bisher keine Rede. (SZ/abi)