Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung Pirna, 06.09.2005
Die Zeit nach Margon
Mineralwasser. Der jetzige Besitzer des Betriebes duldet künftig keinen neuen Getränkeabfüller auf dem Werksgelände.
Wütend kämpfte André Hahn dagegen an, eine Entscheidung rückgängig zu machen. „Ich will hier nicht über die Nachnutzung des Margon-Geländes reden“, grollte der PDS-Kreistagsfraktionschef gestern auf der Sitzung des Verwaltungsausschusses, „sondern wie der Betrieb zu retten ist.“ Die Arbeitsplätze, mahnte der Genosse, seine außerordentlich wichtig für die Region.
Doch das letzte Wort ist längst gesprochen: Die Hassia Mineralquellen GmbH, derzeitiger Eigentümer von Margon, schließt das Werk in Burkhardswalde zum Jahresende. „Die Entscheidung ist unumstößlich“, sagt Günter Hinkel, geschäftsführender Gesellschafter von Hassia. Für die Käufer aus Hessen hat längst die Zeit nach Margon begonnen.
Wie das Areal künftig genutzt werden soll, weiß die Hassia-Spitze noch nicht genau. Aber eines steht fest: Es soll nicht brach liegen. Nach der derzeit abgesteckten Zeitschiene hält es die Unternehmensführung für möglich, das Gelände ab 1. Juli 2007 an einen neuen Investor zu übergeben. „Dazu sind wir bereit“, sagt Junior-Geschäftsführer Dirk Hinkel, „dann darf es auch am Kaufpreis nicht scheitern.“
Allerdings schränkt er das Angebot deutlich ein: Auf dem Margon-Terrain darf kein neuer Getränkeabfüllbetrieb entstehen. Die Wirtschaftsförderung Sachsen soll nun zunächst sondieren, welche Angebote es für den Standort gibt.
Erschrocken über diese Aussagen fürchten nun die Ausschussmitglieder um ihr eigenes Projekt: Einige von ihnen wollten das Werk zumindest als Alternativ-Abfüllstandort – beispielsweise für heimische Säfte – erhalten. Doch die Hoffnung schwindet. Hassia wird die Anlagen abbauen. „Einen Teil verkaufen wir vielleicht“, sagt Dirk Hinkel, „in Lichtenau können wir davon nichts gebrauchen.“ Der Grund: Die Anlagen waren nicht optimal aufgebaut, der Betrieb machte von Jahr zu Jahr mehr Verlust.
Einige Kreisräte zweifeln nun am kaufmännischen Verständnis von Hassia. „Warum“, schimpfte Dohnas Bürgermeister Friedhelm Putzke (Freie Wähler), „kauft man einen defizitären Betrieb?“ Auch der Sebnitzer Bürgermeister Mike Ruckh (CDU) fragte sich, aus welchem Motiv heraus jemand einen Sanierungsfall übernehme. Und André Hahn polterte, er könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier lediglich eine ostdeutsche Marke vom Tisch gefegt werden solle. Hinkel verweist auf eine eingeschränkte Bucheinsicht vor dem Kauf: „Wir kannten keine einzelnen Margon-Zahlen“, sagt er, „sondern nur die Gesamtbilanz.“ Erst nach einer späteren Prüfung habe sich herausgestellt, dass Margon betriebswirtschaftlich ein Sanierungsfall ist.
Nach Hassia-Angaben machte Margon in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro Verlust. Die abgesetzte Wassermenge – rund 48 Millionen Liter – reichte für ein positives Ergebnis nicht aus. Eine Investition scheute Hassia: „Das hätte uns auch nicht in die schwarzen Zahlen gebracht“, sagt Günter Hinkel. Nun will das Unternehmen zumindest die Marke „Margon“ von Lichtenau aus stärken.
Der Verwaltungsausschuss hält es jedoch für unseriös, nun bei Chemnitz Margonwasser abzufüllen. „Es wird nicht funktionieren“, prophezeit SPD-Kreistagsfraktionschef Ivo Teichmann, „Mineralwasser künftig in Lichtenau zu produzieren, aber Margon auf die Flaschen zu schreiben.“
Von Thomas Möckel