Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 19:03 Uhr, 10.10.2005

Aufsichtsrat der Landesbanktochter MDL wirft Staatsregierung mangelndes Krisenmanagement vor

 
Dresden (ddp-lsc). Eine Stunde in der Warteschleife, bis der Finanzminister die Telefonkonferenz schließlich dann sogar noch absagte - das widerfuhr dem bayerischen Geschäftsmann Jürgen Geißinger nach eigener Darstellung am 1. April. Der 46-Jährige, der am Montag in Dresden als Zeuge im Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss aussagte, ist seit Anfang 2002 Aufsichtsratsmitglied der Mitteldeutschen Leasing AG (MDL), über die sich die Gesellschafter Sachsen LB und IIL so sehr zerstritten haben, dass längst mehrere Gerichte mit dem Streit befasst sind.

Geißinger war von der IIL, einer Firma des Tutzinger Geschäftsmannes Ludwig Hausbacher, im Januar 2002 in den Aufsichtsrat der Leasinggesellschaft entsandt worden. Schenkt man Geißinger, im Hauptberuf Vorsitzender der Geschäftsführung der Herzogenauracher INA Holding Georg Schaeffler AG, Glauben, dann hat er dort «permanent auf irgendwelche Missstände hingewiesen». Er selbst habe im Aufsichtsrat zwar abweichende Positionen vertreten, sich mit denen jedoch nicht durchsetzen können. Er habe den Eindruck gehabt, dass der einstige MDL-Aufsichtsratschef Rainer Fuchs das Unternehmen gelenkt habe, während der frühere MDL-Alleinvorstand Andrea Braun nur ausführendes Organ gewesen sei.

Befragt nach der Rolle der Staatsregierung sagte Geißinger, dass die «Unterstützung dieses Unternehmens nicht funktioniert» habe. Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) habe ein Schreiben von ihm im Februar nicht beantwortet, in dem er sich kritisch über die Zustände innerhalb der MDL geäußert habe. Dafür sei zwar mit Finanzminister Horst Metz (CDU) eine Telefonkonferenz vereinbart worden, die jedoch nie zustande kam.

Der Obmann der CDU, Günther Schneider, rügte anschließend die eindeutige Parteistellung Geißingers zugunsten von Hausbacher, mit der der Zeuge seine Aussage selbst entwertet habe. Tatsächlich hatte vor dem Untersuchungsausschuss bereits Hausbacher sowohl Milbradt als auch Metz vorgeworfen, von Unregelmäßigkeiten bei der MDL gewusst zu haben und dennoch nicht eingeschritten zu sein.

Der Obmann der Linksfraktion, Klaus Tischendorf, sprach von einem «Versagen der Rechtsaufsicht». Die Glaubwürdigkeit von Milbradt sei nicht nur durch Geißingers Aussagen, sondern auch durch Vermerke aus der Staatskanzlei erschüttert worden. Milbradt hatte Mitte Mai in einem Interview davon gesprochen, über Details nicht informiert und seit mehreren Jahren «aus der Bank heraus» zu sein, während sich die Staatskanzlei offenbar sämtliche Gutachten zum Thema auf den Tisch holen ließ.

Seit Monaten tobt unter den Gesellschaftern der MDL ein Streit um den Wert der Anteile. Dieser wird Anfang Dezember vor dem Landgericht Leipzig verhandelt. In einer Schadenersatzklage fordert Hausbachers IIL von der Landesbank rund 140 Millionen Euro für ihre

49-Prozent-Beteiligung. Das Finanzministerium taxiert den Wert der IIL-Anteile nur auf knapp drei Millionen Euro. Nach Auffassung der IIL hat die Sachsen LB in der Vergangenheit versucht, auch mit illegalen Mitteln den Wert der Beteiligung zu drücken.

(Weitere Quellen: Schneider und Tischendorf in Mitteilungen)

ddp/tmo/kfr
101903 Okt 05