Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, 11.10.2005

Eine Stunde bei Metz in der Telefonschleife

Aufsichtsrat Jürgen Geißinger wirft Staatsregierung mangelndes Krisenmanagement bei Landesbanktocher MDL vor
 
Der Sachsen-LB-Untersuchungsausschuss des Landtags hat gestern einen weiteren Zeugen gehört. Vorgeladen war Jürgen Geißinger, Aufsichtsratsmitglied der Landesbanktochter Mitteldeutsche Leasing AG (MDL). Von ihm erhoffte sich das Gremium Aufschluss darüber, ob die Staatsregierung in ihrer Rechtsaufsicht über die Landesbank versagt hat.

Dresden. Öl ins Feuer des gerichtlichen Streits zwischen der Sächsischen Landesbank und Ludwig Hausbacher wollte Jürgen Geißinger nicht gießen. In einer Schadenersatzklage fordert Hausbachers IIL von der Landesbank rund 140 Millionen Euro für ihre 49-Prozent-Beteiligung an der MDL. Das Finanzministerium taxiert den Wert der IIL-Anteile nur auf knapp drei Millionen Euro.

Mit der Schilderung einer fehlgeschlagenen Telefonkonferenz warf Geißinger dennoch ein Schlaglicht auf den Umgang mit ihm und Kritikern an den Zuständen in der Bank. Eine Stunde habe ihn Finanzminister Horst Metz (CDU) in der Warteschleife hängen lassen, bis dessen Sekretärin das „Gespräch" beendete.

Geißinger wollte am i. April mit dem Minister über die umstrittene Geschäftsführung bei der MDL sprechen. Der 46-Jährige war seit Anfang 2002 Aufsichtsratsmitglied der MDL. Dorthin war er von der IIL, einer Firma des Geschäftsmannes Hausbacher, entsandt worden.

Vorher hatte sich der Unternehmer aus Herzogenaurach bereits vergeblich bemüht, Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) auf die Missstände bei der MDL aufmerksam zu machen. Sein Brief vom Februar hatte auf wundersame Weise den Weg in die Medien gefunden. Bekannt ist auch, dass Milbradt eine Antwort stur verweigert und in einem Interview die Zuständigkeit auf seinen Finanzminister verlagert hatte: „Ich bin seit vier Jahren aus der Bank heraus, und mir sind schon gar keine Details bekannt."

Diese Version solle der Ministerpräsident überdenken, mahnte Ausschussmitglied Karl Nolle (SPD). Denn in den Akten aus Finanzministerium und Staatskanzlei sei eine minutiöse Kommunikation zwischen Milbradt und dem früheren Sachsen-LB-Chefs Michael Weiss und Rainer Fuchs dokumentiert. Beide sind mittlerweile beurlaubt.

Ohne Not sei die MDL "abgewirtschaftet" worden, so die Auffassung von Geißinger. Der frühere Aufsichtsratschef Rainer Fuchs habe Protokolle unvollständig und zum Teil falsch verfasst. Fuchs habe im Sinne der Sachsen-LB agiert, die spätere Alleinchefin Andrea Braun in seinem Sinne „funktioniert". Abwägend reserviert antwortete Geißinger, als die Presse wieder zugelassen wurde - zum Missfallen des hartnäckig nachfragenden Nolle, der Geißinger aus seinen Unterlagen die Informationskette vom Büroleiter des Ministerpräsidenten mit Eingangsstempel und Namenskürzel bis hin zum Fachmann für Sachsenbank-Angelegenheiten im Finanzministerium vorlas. Wie Geißinger verfahren würde, wenn in seinem Büro „solche Dinge nicht ankommen würden?" „Das passiert in meinem Büro nicht", konterte der kühl.

Die CDU-Vertreter beeindruckte auch diese Schilderung nicht. Da Geißinger Hausbachers Mann im Aufsichtsrat war, sei seine Zeugenaussage ohnehin entwertet, hieß es.
von Hubert Kemper