Karl Nolle, MdL
Dresdner Morgenpost, 11.10.2005
SachsenLB-Affäre: Regierung wusste von Misswirtschaft
Ex-Banker setzen sich nach Zypern ab
DRESDEN -Wurde die Sachsen LB-Tochter MDL bewusst zugrunde gewirtschaftet? Ja, sagte gestern ein Aufsichtsrat. Und die Staatsregierung habe das gewusst. Doch während der Ministerpräsident das Gegenteil beteuert, haben sich die Hauptverantwortlichen längst abgesetzt.
Noch während der Zeugenvernehmung im SachsenLB Untersuchungsausschuss machte die Neuigkeit die Runde: Ex-Landesbankvorstand Michael Weiss und Ex
MDL-Chefin Andrea Braun haben sich nach Paphos auf Zypern abgesetzt. Die Leipziger Wohnung soll bereits leer sein. Mehr noch: Der Ex-Chef und seine langjährige Geliebte sollen geheiratet haben, Nachwuchs bereits unterwegs sein. Das neue süße Insel-Leben finanziert die Landesbank: Trotz Abberufung im Februar erhält Weiss bis 2007 weiter sein Vorstandsgehalt. Es sei denn, ihm ist eine Schuld an der Landesbank-Misere nachzuweisen.
Auch letzteres kam gestern zur Sprache - obwohl der Landtag vorrangig die politische Verantwortung für das Landesbank-Desaster untersucht, das den Freistaat Millionen kosten könnte. Im Fokus sind dabei Regierungschef Georg Milbradt und Finanzminister Horst Metz (beide CDU). Beide sollen von der Misswirtschaft bei der SachsenLB Tochter MDL gewusst und nichts getan haben, sagte MDL-Aufsichtsrat Jürgen Geißinger gestern als Zeuge.
Mehrfach habe er auf die „enorm kritische Situation" der MDL hingewiesen. „Doch meine Schreiben an Finanzminister und Ministerpräsident wurden nie beantwortet." Laut Geißinger haben die SachsenLB-Manager die MDL „bewusst unattraktiv gemacht", um den Minderheitsgesellschafter IIL zu verdrängen. 40 bis 80 Millionen Euro sei die MDL damals wert gewesen. Auf 140 Millionen Euro Schadenersatz hat die IIL den Freistaat mittlerweile verklagt. „Die Regierung war über alles informiert und hat durch ihr Vernebeln den Schaden noch vergrößert", sagt SPD-Ausschuss-Obmann Karl Nolle. Er forderte Milbradt auf, „seine Aussagen nochmal zu überdenken."
Von Stefan Locke